3080 Geschichten


Auf dem ESELSKIND-Blog stehen inzwischen 3.087 Geschichten und zwei Mal in der Woche kommen weitere hinzu.

Ich wünsche jeder Leserin und jedem Leser recht viel Freude beim Lesen der Geschichten und ich hoffe, dass Euch die Geschichten ein wenig ermutigen und Euch veranlassen, niemals aufzugeben, denn denkt bitte immer daran:
Ihr seid etwas Besonderes, Ihr müsst nur Eurer Licht zum Leuchten bringen


Euer fröhlicher Werner aus Bremen

Freitag, 31. Mai 2013

Ich wünsche Dir viele bunte Fäden!


Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,

heute möchte ich Euch eine Geschichte von Ulrich Peters erzählen:

„Sascha mit den bunten Fäden“

Sascha war ein kleiner Zigeunerjunge und lebte in einem alten Planwagen am Rande eines großen Königreiches, genannt Monotonia (Monotonia = Eintönigkeit).
Um sich dieses Königreich vorzustellen, muss man eigentlich alle Vorstellungen ablegen.
Dort gab es weder Farben noch Bilder, weder Töne noch Melodien, weder Lachen noch Weinen. 
www.traveljoy.de
Die letzten Bäume waren dem Asphalt gewichen und auch die bunten Blumen waren abgeschafft worden. Selbst dem Menschen war es das Wichtigste, genauso zu sein, wie alle anderen Menschen auch. Einzigartigkeit, Unverwechselbarkeit und Originalität zählten nicht mehr viel.

Das Einzige, was noch ein wenig Farbe in diese Welt brachte, war das Make-up, hinter dem manche Menschen ihr wahres Gesicht wie hinter einer Maske verbargen.  

Kurzum: Es schien, als ob in Monotonia das Leben ausgezogen sei, als ob hinter den großartigen Fassaden der Häuser und hinter den Gesichtern der Menschen nur noch Leere verborgen wäre und als ob die Menschen ihre Träume verloren hätten.

„Wenn ich nur ein Erfinder wäre“, träumte Sascha, „wie bunt und abwechslungsreich, wie lebendig und glücklich könnte die Welt sein!“ Aber er war kein Erfinder und beim besten Willen hatte er keine Idee, wie er allein Monotonia verändern könnte. So machte er sich eines Tages auf eine große Wanderschaft, um das richtige Leben zu suchen und um herauszufinden, ob es nicht ein Plätzchen auf der Welt gäbe, das anders sei.

Lange wanderte er durch das Land und sah viele Städte und Dörfer, aber überall traf er auf die gleiche Einförmigkeit. Monotonia schien groß zu sein. Erst als Sascha sich ein Herz fasste und die Grenze der Alltäglichkeit überschritt, traf er in einem Wald auf ein altes Mütterchen, das ganz anders war als all jene Menschen, denen er bislang begegnet war. Das Mütterchen hatte gute, wissende Augen, die voller Träume und Sehnsüchte steckten und eine tiefe, ansteckende Lebendigkeit ausstrahlten.

Traurig und mutlos erzählte Sascha ihr von dem faden Leben im Königreich Monotonia und von seinem alten Planwagen. Als er seine Geschichte beendet hatte, funkelten Freudentränen in den Augen der alten Frau. Wortlos nahm sie Sascha bei der Hand und führte ihn zu ihrer Holzhütte, die tief im Wald verborgen lag.

Im Dämmerlicht erkannte Sascha einen großen Webstuhl, der den ganzen Raum ausfüllte. Die Frau zündete ein Licht an und Sascha war wie geblendet vom Leuchten der schönsten Farben, die er je gesehen hatte. Dieses Leuchten kam von einem wunderschönen Teppich, der in den Webstuhl eingespannt war. 
Der Teppich bestand aus unendlich vielen kleinen Mustern und Bildern in den herrlichsten, lebendigsten Farbtönen. Sascha war in andächtiges Staunen versunken, als die Stimme des Mütterchens ihn aus dieser bunten Welt herausrief.

Das ist das Bild eines erfüllten Lebens“, sagte sie. „So wie dieser Teppich aus vielen bunten Fäden gewebt ist , so weben auch wir an unserem Leben. Jede Stunde unseres Lebens ist wie ein bunter Faden. Jedes kleine Lachen, jedes gute Wort und jede fantasievolle Aufmerksamkeit machen mein Leben farbig, einzigartig und unwiederbringlich.

Ein Leben, das aus solchen Fäden gewoben ist, erhält die nur ihm eigenen Farben und ein ganz eigenes Muster.“ Nachdem die alte Frau eine Weile geschwiegen hatte, nahm sie einen Zopf vom Webstuhl, der aus zahlreichen bunten Fäden geflochten war.

„Denke immer daran, der Mensch sollte das gefühlvollste Wesen auf der Welt sein!“, sagte sie zu Sascha und schenkte ihm den Zopf. 

Sascha kehrte nach Monotonia zurück und begann mit den bunten Fäden gegen Langeweile und Gleichförmigkeit anzukämpfen. Bei allen möglichen Gelegenheiten verschenkte er einen Faden wie eine Stunde seines Lebens mit einem guten Wort, mit Lachen, Weinen oder Hilfe - so, wie es gerade nötig war und wie es den Menschen gut tat. Die Fäden aber wurden nicht weniger.

Jeder verschenkte Faden verdoppelte sich. Wurden diese dann weitergegeben, so vervierfachten sie sich. Und so ging es in einem fort.

Die Menschen spürten, dass sie immer wieder dann von Einförmigkeit befallen wurden, wenn sie ihr Leben für sich behielten.
„Jedes eingesperrte bisschen Leben, und wenn es nur eine Minute, ein Atemzug oder ein Augenblick ist, stirbt auf der Stelle und ist für immer verloren“, sagten sie zueinander. „Nur dort, wo man das Leben mit anderen teilt und an sie verschenkt, wird es wirklich lebendig.“



Ihr Lieben,

immer wieder werde ich gefragt: „Lieber Werner, wie kannst Du nur so fröhlich sein, wo Du doch Schreckliches in Deiner Kindheit und Jugend erlebt hast?"

Ja, das stimmt, ich habe Schreckliches in meiner Kindheit und Jugend erlebt:
Ich wurde über Jahre bestialisch gequält und gefoltert, ich wurde immer wieder gedemütigt und ich wurde immer aufs Neue brutal missbraucht.

Aber mit der Hilfe meines von mir sehr geliebten Großvaters erkannte ich, dass ich zwei Möglichkeiten hatte, mit dem Erlittenen für den Rest meines Lebens umzugehen:

Ich möchte dazu das Bild des Teppich aus unserer heutigen Geschichte aufgreifen:
Ich könnte bis heute darüber klagen, was ich erlitten habe, was mir angetan wurde.
Dann wäre von meinem Denken, Fühlen und Handeln her mein Leben ein Teppich aus lauter schwarzen Fäden. Mein Leben wäre dunkel, deprimierend, farblos, monoton und damit eintönig.
www.teppichversand24.de
Durch meinen Großvater erkannte ich das große Geheimnis des Lebensteppichs:
Unser Lebensteppich hat nicht für alle Zeiten die gleiche Farbe.

 
Mein Lebensteppich war in Kindheit und Jugend rabenschwarz, aber ich lernte mithilfe meines Großvaters, in meinen Lebensteppich bunte Fäden einzuflechten und viele liebe Menschen halfen mir dabei.
www.hilfreich.de

Wenn Du nichts tust, wenn Du zuhause sitzt und der Welt den Rücken kehrst, wenn Du das Leid, die Schwierigkeiten und die Ungerechtigkeiten in Deinem Leben klaglos hinnimmst, dann darfst Du Dich nicht wundern, wenn Dein Lebensteppich schwarz, farblos und eintönig ist.

Wenn Du willst, dass Dein Lebensteppich bunt wird,
…dann schenke den Menschen, die Dir begegnen, ein Lächeln.
…dann freue Dich über jedes freundliche Wort, dass man zu Dir sagt.
…dann kauf Dir bunte Blumen für Deinen Garten oder Deine Wohnung.
…dann bring Fröhlichkeit in das Leben eines ängstlichen Menschen.
…dann mach einen Spaziergang durch Gottes herrliche Natur.
…dann schreib einem Menschen, der mutlos ist, einen ermutigenden Brief.
…dann feiere ein Fest mit Deinen Lieben.
…dann zünde eine Kerze an und denk daran, dass das Licht der Kerze die Dunkelheit der Welt besiegen kann.

…dann schenke dem Hoffnung, der verzagt ist.
…dann tröste den, der traurig ist.
...dann besuche den, der einsam ist.
…dann mache eine schöne Reise.
…dann denke auch an Deine Wünsche und Bedürfnisse.
…dann verwirkliche auch Deine Träume und Deine Ziele.
…dann freue Dich und sei dankbar, dass Du morgens aufstehen kannst.
…dann freue Dich, dass Du sehen, hören, schmecken, riechen, laufen kannst.
…dann schenke den Menschen, denen Du begegnest, Liebe und Zuwendung.

Wer so handelt, kann nicht vermeiden, dass der eigene Lebensteppich bunt wird, dass er selbst geliebt wird, dass er selbst fröhlich wird, dass das Leben lebenswert wird.

Der Lebensteppich meiner Kindheit und Jugend war düster, schwarz und hässlich.
Mein heutiger Lebensteppich ist bunt, voller herrlicher Farben, voller Fröhlichkeit, voller Hoffnung, voller Zuversicht, voller Liebe. Und täglich webe ich weitere bunte Fäden in meinen Lebensteppich hinein und noch mehr bunte Fäden verschenke ich jeden Tag an andere Menschen.

Ich wünsche Euch von Herzen, dass Ihr auch eine solche Erfahrung macht und dass Ihr ganz viel Freude an Eurem Lebensteppich haben werdet.

Ich wünsche Euch ein richtig schönes Wochenende und grüße Euch aus der einzig sonnigen Gegend Deutschlands, dem hohen Norden und ich wünsche allen, die unter dem Wetter leiden müssen, recht bald wieder besseres Wetter

Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen

Mittwoch, 29. Mai 2013

Das wirkliche Leben ist tausendmal schöner als jedes Internet!

Quelle: Helmut Mühlbacher

"Du glaubst, das Internet sei die tatsächliche Welt?
Öffne Deine Haustür, höre das Zwitschern der Vögel, das Brausen des Windes und das fröhliche Lachen der Kinder und begreife:
Es gibt auch noch ein Leben außerhalb des Internets."

Alexander Rykow
www.chip.de

Ihr Lieben,

heute möchte ich Euch eine Geschichte von Christoph Georges erzählen.
Ob sie, wie behauptet wird, wahr ist, vermag ich nicht zu beurteilen, auf jeden Fall zeigt sie uns in aller Deutlichkeit, dass wir immer wieder in unserem Leben Alternativen haben:


"Ich habe leider keinen Computer 
und auch keine E-Mail-Adresse!"

"Eine arbeitslose Frau bewarb sich in den USA als Reinigungskraft bei der Computersoftwarefirma SAP. Der
Personalleiter ließ sie einen Test machen (den Boden reinigen), darauf folgte ein Interview mit ihr und schließlich teilte er ihr mit:
"Sie sind bei SAP eingestellt. Geben Sie mir bitte Ihre E-Mail-Adresse, dann schicke ich Ihnen die nötigen Unterlagen".

 

Die Frau antwortete ihm, dass sie weder einen Computer besitze,
noch eine E-Mail-Adresse habe.


Der Personalmensch antwortete ihr, dass sie ohne E-Mail-Adresse virtuell nicht existiere und daher nicht angestellt werden könne.
Die Frau verließ verzweifelt das Gebäude mit nur 10 Euro Reisekosten in der Tasche. Sie beschloss, in den nächsten Supermarkt zu gehen und 10 Kilo Tomaten zu kaufen.

Dann verkaufte sie die Tomaten von Tür zu Tür und innerhalb von 2 Stunden verdoppelte sie ihr Kapital. Sie wiederholte die Aktion 3 Mal und hat am Ende des Tages 160 Dollar.

www.wikipedia.org
Sie realisierte, dass sie auf diese Art und Weise ihre Existenz bestreiten könnte, also startete sie jeden Morgen und kehrte abends spät zurück. Jeden Tag verdoppelte oder verdreifachte sie ihr Kapital. Nach kurzer Zeit kaufte sie sich einen kleinen Wagen, dann einen Lastwagen und bald verfügte sie über einen kleinen Fuhrpark für ihre Lieferungen. Innerhalb von 5 Jahren besaß sie eine der größten Lebensmittelketten der USA, die direkt nach Hause liefern.

Sie beschloss, an ihre Zukunft zu denken und einen Finanzplan für sich und ihre Familie erstellen lassen. Sie setzte sich mit einem Berater in Verbindung und er erarbeitete einen Vorsorgeplan.

Am Ende des Gesprächs fragte der Vertreter sie nach ihrer E-Mail-Adresse, um ihr die entsprechenden Unterlagen schicken zu können. Sie antwortete ihm, dass sie nach wie vor keinen Computer und somit auch keine E-Mail-Adresse besitze.

Der Versicherungsvertreter schmunzelte und bemerkte: 
"Kurios, Sie haben ein Imperium aufgebaut und besitzen nicht einmal eine E-Mail-Adresse. Stellen Sie sich einmal vor, was Sie mit einem Computer alles erreicht hätten!"

Die Frau überlegte und entgegnete: "Ich wäre auch heute noch Putzfrau bei SAP"."

 


Ihr Lieben,

im letzten Jahr, es war im August oder September, wollte ich bei Google etwas nachforschen für eine wissenschaftliche Arbeit, die ich gerade korrigierte, aber Google reagierte nur sehr langsam.

Wie ich am Tag darauf aus der Zeitung erfuhr, war Goggle am Tag zuvor mit Anfragen, die Facebook betrafen, völlig überlastet. Facebook war für ein paar Stunden ausgefallen und viele Menschen weltweit gerieten in Panik, weil sie nun plötzlich ihre Freunde nicht mehr erreichen konnten und ihr Lebensmittelpunkt wegbrach.

Heute war es überraschenderweise gutes Wetter in Bremen.
Wenn ich, wie z.B. heute, eine kleine Radtour mache, begegnen mir häufig Menschen, die beim Radfahren telefonieren oder in sich versunken auf einer Bank sitzen, um SMS zu lesen oder zu versenden. Für die wunderschöne Natur ringsum haben diese Menschen keinen Blick.
Quelle: Helmut Mühlbacher
Auch ich besitze ein Handy, aber wenn ich eine Radtour mache, bleibt das Handy zuhause. Ich möchte nicht immer erreichbar sein, ich möchte mir meine Freiheit bewahren.

Diese kleine, aber feine Geschichte möchte Euch zurufen:
Macht Euch nicht zu sehr von der Technik und zu sehr vom Internet abhängig.
Auch ohne Internet, auch ohne die Technik ist ein lebenswertes Leben möglich.

Wir sollten das Internet als das betrachten, was es ist:
Als eine wunderbare Möglichkeit, uns mit lieben Menschen weltweit zu verbinden, uns auszutauschen, aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass das Internet nicht unser Leben ist, nicht unser Lebensmittelpunkt ist.
Dies ist auch der Grund dafür, dass ich gerne die alte, fast schon vergessene Tradition (Schmunzeln) des Briefeschreibens weiter pflege.
Quelle: Karin Heringshausen

Ihr Lieben,

ich wünsche Euch morgen an Fronleichnam einen wundervollen Tag mit lieben Begegnungen im Internet, aber vor allem aber Zeit für einen Spaziergang, für Eure Partnerin, Euren Partner, zum Spielen mit Euren Kindern und Enkelkindern, Zeit für Eure Freunde und Bekannte und nicht zuletzt auch für Euch selbst.

Ganz liebe herzliche Grüße aus Bremen

Euer fröhlicher Werner

Quelle: Karin Heringshausen

Montag, 27. Mai 2013

Warum ich Briefe so schätze!


Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,

heute möchte ich Euch eine Geschichte von Bettie B. Youngs erzählen:

„Briefkästen“

„Der Familienbriefkasten stand am Ende des achthundert Meter langen Feldwegs.
In dicken, stolzen weißen Großbuchstaben verkündete er allen, die vorübergingen, den Namen der Familie, die hier Post erwartete: BURRES.
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Für uns Kinder war dieser Metallbehälter auf einem Pfosten eine unerschöpfliche Quelle der Erwartung und eine Zusicherung bedingungsloser Liebe.
Meine Mutter rief bei uns dieses Gefühl, etwas Aufregendes zu erleben, wohl mit Absicht hervor.

Sie war überzeugt, Kinder müssen durch ihre Erfahrungen lernen. Für Mama hatte alles einen lehrreichen Aspekt und sie war eine meisterhafte Lehrerin.

Jeden Tag um die Mittagszeit ging sie den Feldweg entlang, um die Post zu holen.
Wenn wir Kinder sie an den schulfreien Samstagen auf den Feldweg zusteuern sahen, unterbrachen wir unsere jeweilige Beschäftigung und schlossen uns ihr an, sogar der Hund.
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Unserer Mama bereitete es ein großes Vergnügen, mit uns Kindern zusammen zu sein, und daher begrüßte sie uns dann immer glücklich und neckte uns. Die achthundert Meter weite Reise zum Briefkasten und wieder zurück war für kurze Beine eine lange Strecke, aber sie lohnte sich durchaus.  Während dieser „Ausflüge“ war unsere Mama immer sehr gut gelaunt. Für uns war es eine Gelegenheit, uns in der Liebe unserer Mutter zu sonnen.

Sobald wir am Briefkasten ankamen, nahm meine Mutter die Post heraus und gab, während sie sie flüchtig durchsah, bekannt, ob Post für irgendeines ihrer Kinder dabei war – allerdings verriet sie dann nicht namentlich, wer von uns Post bekommen hatte.
Indem sie so verfuhr, hielt sie uns Kinder allesamt in Spannung, bis wir das Haus erreichten.
 
Erst dann bekamen wir unsere jeweilige persönliche Post. Sie brachte uns bei, die Privatsphäre des anderen zu respektieren und in Bezug darauf, wer von uns an irgendeinem bestimmten Tag Post bekam und wer nicht, gute Verlierer zu sein.
„Hier“, sagte sie dann, „das gehört Dir.“
Wir durften alle die an uns adressierte Post aufmachen, ohne dass Mama uns dabei über die Schulter schaute.
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Erstaunlicherweise bekam jedes Kind von Zeit zu Zeit Post.
Und noch erstaunlicher war es, dass jedes Kind etwa gleich viel Post erhielt.
Manchmal traf eine an ein Kind adressierte Zeitschrift ein, manchmal ein Briefchen von einer Tante, einem Onkel, einer Oma, einem Opa oder von der besten Freundin unserer Mama.
Kein Kind ging leer aus.

Selbst Postwurfsendungen trafen wie gerufen ein.
Ganz egal, ob der Name und die Anschrift nun von einem Menschen oder einer Maschine geschrieben worden waren – Post mit dem eigenen Namen darauf zu bekommen, war aufregend und gut fürs Ego.

Die Briefkastentour, bei der wir stets von der erregenden Erwartung durchdrungen waren, unsere eigene Post aufmachen zu können, bildete von dem tag an, wo ich alt genug war, um zu wissen, was Post war, bis zu dem Tag, an dem ich von zu Hause wegging, ein festes Ritual.
Quelle: Astrid Müller
Erst als ich viel älter war, habe ich begriffen, dass unsere Mutter – während wir Kinder in das Vergnügen vertieft waren, eigene Post zu bekommen, einen eigenen Plan verfolgte.

Auf diesen kurzen Spaziergängen zum Briefkasten und wieder nach Hause erzählte uns unsere Mama manchmal eine Geschichte. Mama nutzte jede Gelegenheit, uns dabei zu helfen, die offenkundigen Wunder der Schöpfung wahrzunehmen und zu sehen. Es gab keinen Vogel, keine Biene, keine Pflanze oder sonst irgendein Phänomen in Fauna und Flora, das unbemerkt blieb.

Das faszinierende Verhalten der Tiere auf dem Boden und in der Luft, die Vielfalt und Schönheit der Farben und Formen und Düfte der Blumen, wie die Bienen zu diesen Blumen fliegen, um deren Pollen zu sammeln, die Sonne mit ihrer schier endlosen Kraft, zu wärmen und strahlendes Licht zu spenden – auf all dies wurden wir aufmerksam gemacht, damit wir es erfassen und würdigen konnten.
www.mainzauber.de
Wir liebten unsere Mutter heiß und innig. Sie war eine optimistische Frau, immer lächelnd, immer quicklebendig, man hörte häufig ihr herzliches, ungezwungenes Lachen, bei dem sie unwillkürlich ihr langes, weiches braunes Haar über die Schultern nach hinten warf.

Der Anblick von Briefkästen, besonders von solchen am Ende langer Wege, hat für mich eine ganz spezielle Bedeutung. Sie erinnern mich an meine Mutter und an die Werte und Anschauungen, die sie so liebevoll vermittelte. Sie verkörperte Freude, Liebe und Achtung und unterwies andere tagtäglich darin.“
www.badische-zeitung.de
 Ihr Lieben,

Briefe waren in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden etwas ganz Besonderes.
 
Der Inhalt der Briefe konnte aus wunderschönen Gedichten, aus Liebeserklärungen, aus Mitteilungen von Eltern an ihre Kinder oder von den Kindern an ihre Eltern oder z.B. einem Reisebericht bestehen.
Liebesbrief von Rudolf Epp
www.wikipedia.org

Die Briefe zeichneten sich aber nicht nur durch ihren Inhalt aus. Viele Briefe, die uns erhalten sind, wurden auf wertvollem Pergamentpapier verfasst und in wunderbarer Schönschrift geschrieben.
 
Dafür gab es extra den besonderen Beruf des Kalligrafen, des Schönschreibers. Oft wurden Briefe auch, wenn es sich um Liebesbriefe handelte, mit Parfüm getränkt und verströmten dann einen verführerischen Duft, wenn die oder der Empfängerin / Empfänger den Brief öffneten.

Auch in meiner Jugend haben Briefe eine wichtige Rolle gespielt.
Meine Oma und mein Opa, die leider weit von Bremen entfernt wohnten, schrieben mir regelmäßig Briefe, in denen sie mir Mut zusprachen, in denen sie auf meine Briefe eingingen, in denen sie mir ab und zu einen kleinen Schein beilegten, damit ich mir den einen oder anderen kleinen Wunsch erfüllen konnte.
So brachten sie Licht in das Dunkel meiner Kindheit und erhellten mit ihrer Liebe das Elend meiner Jugend.

Ich stellte damals etwas Faszinierendes, für mich völlig Unerklärliches fest:
Meine Mutter nahm in meiner Kindheit und Jugend keinerlei Rücksicht auf meine Wünsche und Bedürfnisse.  So kam es ihr zum Beispiel eines Freitagsabends in den Sinn, sie müsse mich in der Badewanne gründlich waschen und schrubben (obwohl ich mich von samstags bis donnerstags selbst gewaschen hatte) und sie duldete keinen Widerspruch. Sie hat das später immer damit gerechtfertigt, dass ich immer etwa 3 Jahre jünger aussah, als ich tatsächlich war und dass sie sich deshalb für meine Sauberkeit verantwortlich fühlte.

Der Hinweis auf mein Alter (14) und meine Scham wurden einfach nicht zur Kenntnis genommen und als ich heftig Widerstand leistete – ich trat ihr dabei unbeabsichtigt gegen das eine Schienbein - riss sie mir die Kleider herunter und verprügelte mich derartig heftig mit einem Kleiderbügel, dass fast mein ganzer Körper hinterher krebsrot war und verfrachtete mich dann in die Badewanne, um mich dort ausgiebig und gründlich in schamverletzender Weise zu waschen.

Ich schildere das hier, weil ich nie begriffen habe, dass meine Mutter, die in dieser Beziehung keine Rücksicht kannte und meinen Widerstand brutal brach, es NIEMALS wagte, das Briefgeheimnis zu brechen. Aus irgendeinem Grund hat sie niemals einen Brief, den ich erhielt, aufgemacht.


So habe ich mich nach mancher Tracht Prügel, nach manchem entwürdigenden Baden weinend in mein Zimmer zurückgezogen, mich ins Bett gelegt und dort die Briefe, die ich an dem Tag bekommen hatte, gelesen.

In meinem Briefen konnte ich meiner Oma und meinem Opa ungeschminkt mitteilen, was mir geschah und ihre tröstenden Worte und ihre ermutigenden Zeilen in den Antwortbriefen halfen mir dabei, die schreckliche Zeit zu überstehen.

In der Zeit, als ich so zwischen 14 und 18 Jahre alt war, unterhielt ich auch etliche Brieffreundschaften mit jungen Menschen aus verschiedenen Teilen unsere Welt.
Diesen konnte ich zwar meine Sorgen nicht mitteilen, aber durch ihre Schilderungen und unseren Austausch lernte ich viel über fremde Kulturen und kam dadurch auch auf andere Gedanken.

 Bis heute bin ich meiner Oma und meinem Opa für ihre wundervollen, liebevollen Briefe dankbar.

In ihrer Tradition schreibe ich auch heute noch gerne Briefe.
Vor etlichen Jahren geriet ich zunächst in die Versuchung, nur noch E-Mails zu schreiben, bis mich einmal mein älterer Sohn Christian darauf ansprach.
Er sagte zu mir: „Lieber Papa. Ich bitte Dich herzlich, schicke mir doch ab und zu wieder einen Brief. Einen Brief kann ich anders als eine E-Mail in die Hand nehmen, ich weiß dann, ich halte „ein Stück von Dir“ in Händen, ich kann den Brief immer wieder in die Hand nehmen, um Deine froh- und mutmachenden Zeilen erneut zu lesen.“
www.wikipedia.org
 Wie viel Freude Briefe oder Postkarten auslösen können, sehe ich an meinen zahlreichen Patenkindern, die ich über die SOS-Kinderdörfer habe. Jedem meiner Patenkinder schicke ich regelmäßig alle Vierteljahr einen  Brief und monatlich eine bunte Postkarte aus Bremen.

Es ist so wenig, was wir tun müssen,
und es ist so viel, was wir damit erreichen können!

Mit einem Brief können wir große Freude auslösen:
Ein Brief signalisiert: „Du bist mir viel wert!
Ein Brief sagt: „Ich denke an Dich!
Ein Brief kann trösten, wo Leid ist.
Ein Brief kann Mut machen, so Ängstlichkeit herrscht.
Ein Brief kann Hoffnung wecken, wo Verzagtheit zuhause ist.
Ein Brief kann Licht in das Dunkel eines Menschen bringen.
Ein Brief kann Liebe ausdrücken.
Ein Brief kann Versöhnung anbieten.
Ein Brief kann viel mehr als eine E-Mail.

Wir sollten wieder mehr Briefe schreiben,…
Unsere Partnerin, unsere Partner, unsere Kinder und Enkelkinder, unsere Freunde und Bekannten und manch einsamer Mensch, den wir kennen, freut sich riesig darüber…

Ich wünsche Euch nun einen fröhlichen Feierabend und eine gute neue Woche mit viel Freude und etlichen Glücksmomenten und seid herzlich aus Bremen gegrüßt

Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen