Mittwoch, 9. März 2011
Ein Betroffener erzählt in einem Fernsehfilm über seine traumatischen Erfahrungen.
Foto: rbb/rbb Presse & Information
"Heiko" wurde von seinem Trainer missbraucht.
"Man muss sich das Unvorstellbare vorstellen...": So beginnt die Erzählung von "Heiko" in dem Film "Der Trainer war der Täter". Der heute 25-jährige Brandenburger war zwölf Jahre alt, als sein Martyrium im Sportverein begann.
Der Trainer missbrauchte insgesamt 30 Jungen. Er wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt und ging in Berufung. "Heiko" wagte erst nach jahrelanger Therapie zu sprechen.
Hier das Film-Protokoll:
"Da war ein Mann, der über Jahrzehnte seine Stellung ausgenutzt hat, um 30 Jungs zu missbrauchen, wie er selbst zugegeben hat. Ich wurde dazu gezwungen, bestimmte Handlungen zu vollziehen, vom Oralverkehr bis zum Analverkehr, alles was dazugehört.
Es war ein Sportverein, bei dem viele Ausflüge gemacht wurden, die auch über mehrere Tage gingen, mit Übernachtung, und wo eine familiäre Atmosphäre herrschte.
In erster Linie würde man den (Täter) als sehr netten, einfühlsamen, hilfsbereiten, kinderlieben und sozialen Menschen betrachten, der eine wunderbare Ausstrahlung hat.
Als Kind weiß man nicht, was mit einem geschieht. Man ist sexuell komplett unerfahren. Streicheln ist ja an sich nichts Schlimmes. Plötzlich wird es unangenehm, aber eigentlich ist es doch schön. Man kann es nicht einordnen. Es gibt keine Grenze, die man als Kind ziehen kann.
Das ist die Situation, wenn man mit dem Täter allein ist. Da ist man gehemmt und lässt es über sich ergehen und hofft, dass es schnellstmöglich vorbei ist und nie wieder passiert.
An mir hätte man es sehen können oder müssen. Wenn der Täter so Sachen sagt wie 'Kuscheln ist okay, da passiert doch nichts bei.' Eindeutiger geht's doch eigentlich nicht...
Es war ein langer harter Weg, bis ich hier so sitzen und sprechen kann. Und der Weg ist auch noch nicht vorbei, er wird mich mein ganzes Leben zu einem beträchtlichen Teil in Anspruch nehmen.
Man geht da noch mal durch die Hölle bis zum Anschlag und noch drüber hinweg. Aber ich weiß, dass man sich befreien kann. Ich bin jetzt an einem Punkt, wo dieser Mensch keine Macht mehr über mich ausübt.
Wenn ich Kinder haben werde, dann werde ich sie mit ruhigem Gewissen in einen Sportverein schicken. Ich habe genügend Sensibilität, um Signale zu erkennen, und werde mir den Trainer gut ansehen.
Wenn man offen mit dem Thema umgeht, wird man nicht überall auf verschlossene Ohren stoßen. Man kann Strukturen verändern, die so was verhindern können. Das ist nicht einmal besonders schwer."
Der Trainer war der Täter. Ein Film von Philipp Büchner und Jörg Klawitter (rbb).
Sendetermin: heute, 23.30 Uhr, ARD
Quelle: Berliner Morgenpost 09.03.2011
http://www.morgenpost.de/familie/article1569477/Als-Kind-weiss-man-nicht-was-mit-einem-geschieht.html

Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt
Foto: rbb/rbb Presse & Information
"Heiko" wurde von seinem Trainer missbraucht.
Der Trainer missbrauchte insgesamt 30 Jungen. Er wurde zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt und ging in Berufung. "Heiko" wagte erst nach jahrelanger Therapie zu sprechen.
Hier das Film-Protokoll:
Es war ein Sportverein, bei dem viele Ausflüge gemacht wurden, die auch über mehrere Tage gingen, mit Übernachtung, und wo eine familiäre Atmosphäre herrschte.
In erster Linie würde man den (Täter) als sehr netten, einfühlsamen, hilfsbereiten, kinderlieben und sozialen Menschen betrachten, der eine wunderbare Ausstrahlung hat.
Das ist die Situation, wenn man mit dem Täter allein ist. Da ist man gehemmt und lässt es über sich ergehen und hofft, dass es schnellstmöglich vorbei ist und nie wieder passiert.
An mir hätte man es sehen können oder müssen. Wenn der Täter so Sachen sagt wie 'Kuscheln ist okay, da passiert doch nichts bei.' Eindeutiger geht's doch eigentlich nicht...
Man geht da noch mal durch die Hölle bis zum Anschlag und noch drüber hinweg. Aber ich weiß, dass man sich befreien kann. Ich bin jetzt an einem Punkt, wo dieser Mensch keine Macht mehr über mich ausübt.
Wenn ich Kinder haben werde, dann werde ich sie mit ruhigem Gewissen in einen Sportverein schicken. Ich habe genügend Sensibilität, um Signale zu erkennen, und werde mir den Trainer gut ansehen.
Wenn man offen mit dem Thema umgeht, wird man nicht überall auf verschlossene Ohren stoßen. Man kann Strukturen verändern, die so was verhindern können. Das ist nicht einmal besonders schwer."
Quelle: Berliner Morgenpost 09.03.2011
http://www.morgenpost.de/familie/article1569477/Als-Kind-weiss-man-nicht-was-mit-einem-geschieht.html

Hallo Werner,
AntwortenLöschenich habe diesen Film gestern Abend gesehen und konnte mehrfach nur mit dem Kopf schütteln.
Sei es über diese geringe Strafe des Täters, das bewusste weg sehen, bis hin zu der Scham die Heiko noch heute verspürt. Darüber zu reden ist mutig, vor allem auch sein sehr wichtiger Hinweis das sein Weg noch lange sehr wahrscheinlich ein Leben lang dauern wird.
Lieben Gruß
Gabriele