3080 Geschichten


Auf dem ESELSKIND-Blog stehen inzwischen 3.087 Geschichten und zwei Mal in der Woche kommen weitere hinzu.

Ich wünsche jeder Leserin und jedem Leser recht viel Freude beim Lesen der Geschichten und ich hoffe, dass Euch die Geschichten ein wenig ermutigen und Euch veranlassen, niemals aufzugeben, denn denkt bitte immer daran:
Ihr seid etwas Besonderes, Ihr müsst nur Eurer Licht zum Leuchten bringen


Euer fröhlicher Werner aus Bremen

Freitag, 28. Juni 2013

Der Mensch an meiner Seite




Quelle: Helmut Mühlbacher
„Ich wollte einen neuen Weg einzuschlagen,
aber mir fehlte die Kraft, den alten zu verlassen.
Da trat ein Freund an meine Seite und ging
ein Stück des Wegs mit mir, bis ich auf dem neuen Weg sicher war.“

Alexander Rykow
Wenn Ihr das Foto mit der linken Maustaste anklickt, vergrößert es sich.
Quelle: Thomas Enzensberger


Ihr Lieben,


das obige Bild habe ich schon einige Male hier auf dem Blog veröffentlicht.
Ich habe es vor einiger Zeit im Internet gefunden. Es ist mir gelungen, mit dem Künstler, der dieses Bild gemalt hat, in Verbindung zu treten.


Jetzt weiß ich, warum ich vom ersten Augenblick an, als ich dieses Bild sah, eine so große innere Verbundenheit zu dem dargestellten Jungen fühlte. Der Künstler teilte mir mit, dass das Bild einen geschlagenen, brutal misshandelten und vergewaltigten Jungen zeigt.


Dieses Bild ist wirklich erschütternd. Der Junge hat Schreckliches erlitten, wie man unschwer erkennen kann. Sein Körper ist mit  Merkmalen der Misshandlungen übersät und das Blut deutet auf die Schwere der Misshandlungen und auf die Vergewaltigung hin.


Der Blick des Jungen geht ins Leere, jede Hoffnung ist aus seinem Blick gewichen und er versucht, den letzten Rest seiner Intimität zu retten.


Heute möchte ich Euch eine Geschichte erzählen, die ich früher schon einmal erzählt habe und die mir Dagmar Vrings dankenswerterweise neu zur Verfügung gestellt hat. Diese Geschichte stammt von einem unbekannten amerikanischen Autor und wurde im Deutschen von Christoph Georges nacherzählt:
www.wikipedia.org

„Was Ermutigung vermag“


Eines Tages, ich war gerade das erste Jahr auf der Oberschule und 14 Jahre alt, da sah ich einen Jungen aus meiner Klasse nach Hause gehen. Sein Name war Karl. Es sah so aus, als würde er alle seine Bücher mit sich herumschleppen.


Ich dachte bei mir: "Warum bringt wohl jemand alle seine Bücher an einem
Freitag nach Hause? Das muss ja ein richtiger Dummkopf sein, denn es gibt doch in der Schule die Möglichkeit, die Schulbücher in einem Spind einzuschließen.“


Mein Wochenende hatte ich bereits verplant. Ich wollte eine Party besuchen und am nächsten Tag zusammen mit meinen Freunden Fußball spielen.


Als ich weiter ging, sah ich eine Gruppe Jungen in seine Richtung laufen.

Sie rempelten ihn brutal an, schlugen ihm voller Wucht seine Bücher aus den Armen und schubsten ihn so sehr, dass er mitten in den Schmutz fiel.


Seine Brille flog durch die Luft und ich beobachtete, wie sie etwa drei
Meter neben ihm im Gras landete.
Quelle: Astrid Müller


Er schaute auf und ich sah diese schreckliche Traurigkeit in seinen Augen.

Mein Herz wurde weich. Ich ging zu ihm rüber, er kroch am Boden umher und
suchte seine Brille, und ich sah Tränen in seinen Augen.


Als ich ihm seine Brille gab, sagte ich: "Diese Typen sind Blödmänner."

Er schaute zu mir auf und sagte: "Danke!" Ein großes Lächeln zierte sein
Gesicht. Es war eines jener Lächeln, die wirkliche Dankbarkeit zeigten.

Ich half ihm, seine Bücher aufzuheben und fragte ihn, wo er denn wohnt.
 
Es stellte sich heraus, dass er in meiner Nähe wohnt, also fragte ich ihn,
warum ich ihn vorher nie gesehen habe. Er erzählte mir, dass er zuvor auf eine
Privatschule gegangen sei.


Den ganzen Nachhauseweg unterhielten wir uns und ich trug seine Bücher.
Er war eigentlich ein richtig cooler Kerl.

Ich fragte ihn, ob er Lust hätte mit mir und meinen Freunden am Samstag
Fußball zu spielen. Er sagte zu.


Wir verbrachten das ganze Wochenende zusammen und je mehr ich Karl kennen
lernte, desto mehr mochte ich ihn. Und meine Freunde dachten genauso über
ihn.
Quelle: Raymonde Graber
Es begann der Montagmorgen, und auch Karl mit dem riesigen Bücherstapel war
wieder da.

Ich stoppte ihn und sagte: "Oh Mann, mit all diesen Büchern wirst du
eines Tages noch mal richtige Muskeln bekommen".


Er lachte und gab mir einen Teil der Bücher.

Während der nächsten vier Jahre wurden Karl und ich richtig gute Freunde.

Als wir älter wurden, mussten wir uns auf ein College festlegen.

Karl entschied sich für Georgetown und ich mich für Duke.
 
Ich wusste, dass wir immer Freunde sein würden und diese Kilometer zwischen uns niemals ein Problem darstellen konnten.

Er wollte Arzt werden und ich hatte vor, eine Fußballer-Karriere zu machen.

Karl war der Abschiedsredner unserer Klasse.
 
Er musste eine Rede für den Schulabschluss vorbereiten.
Ich war so froh, dass nicht ich derjenige war, der sprechen musste.

Am Abschlusstag begegnete ich Karl. Er sah großartig aus. Er war einer von
denen, die während der Highschool  zu sich selber finden und ihren eigenen
Stil entwickeln. Er hatte mehr Verabredungen als ich und alle Mädchen
mochten ihn, manchmal war ich richtig neidisch auf ihn. Heute war einer
dieser Tage.
Quelle: Helmut Mühlbacher


Ich konnte sehen, dass er wegen seiner Rede sehr nervös war.

Ich gab ihm einen Klaps auf die Schultern und sagte:
"Hey, großer Junge, du wirst großartig sein!"

Er sah mich mit dankbarem Blick an und lächelte.

"Danke" sagte er.


Als er seine Rede begann, räusperte er sich kurz, und fing an:

"Der Abschluss ist eine Zeit, um denen zu danken, die Dir halfen, diese
schweren Jahre zu überstehen.

Deinen Eltern, Deinen Lehrern, Deinen Geschwistern, vielleicht einem Trainer
... aber am meisten Deinen Freunden.

Ich sage Euch, das beste Geschenk, das Ihr jemandem geben könnt, ist Eure
Freundschaft.

Lasst mich Euch meine Geschichte erzählen.“


Ich schaute meinen Freund etwas ungläubig an, als er von dem Tag erzählte,
an dem wir uns das erste Mal trafen.

Er hatte geplant, sich an diesem Wochenende umzubringen.

Er erzählte weiter, dass er seinen Schrank in der Schule ausgeräumt habe, sodass seine Mutter es später nicht tun müsste und trug sein Zeug nach Hause.

Er schaute mich an und lächelte.

"Gott sei Dank, ich wurde gerettet."
 
Mein Freund – und dabei wies er mit seiner rechten Hand auf mich - hat mich vor diesem unsäglichen Schritt bewahrt."


Ich konnte spüren, wie die Anwesenden den Atem anhielten, als dieser gut aussehende, beliebte Junge uns von dem schwächsten Augenblick seines Lebens erzählte.


Ich bemerkte, wie seine Mutter und sein Vater lächelnd zu mir herüber sahen,
genau dasselbe, dankbare Lächeln. Niemals zuvor spürte ich solch eine tiefe
Verbundenheit.“
www.wandkleber.de
Ihr Lieben,


Immer wieder schreiben mir liebe Menschen, die meine Geschichten gelesen haben, E-Mails, Briefe, Nachrichten auf Facebook oder Kommentare und loben und bewundern meine Kraft, dass ich es geschafft habe, dass aus dem ehemaligen misshandelten, gedemütigten, gefolterten und vergewaltigten Jungen ein fröhlicher Erwachsener geworden ist.


Aber Ihr Lieben, so sehr ich mich über die E-Mails, Briefe, Nachrichten und Kommentare auch freue, das ist NICHT die Wahrheit.


Dass aus dem ehemaligen misshandelten, gedemütigten, gefolterten und vergewaltigten Jungen ein fröhlicher Erwachsener geworden ist, ist eben NICHT meine Leistung.


Schaut Euch das Bild des Jungen oben doch einmal ganz intensiv an.
Glaubt Ihr wirklich, dass ein solches Kind in der Lage ist, plötzlich den Weg hin zu einem fröhlichen Erwachsenen zu beschreiten?


Ich hatte Euch das letzte Mal von einer Szene im Fahrradkeller unseres Gymnasiums erzählt, als ich 15 Jahre alt war. Man hatte mich wieder einmal dorthin verschleppt und mir den nackten Po mit dünnen Stöckern versohlt, als eines der beteiligten Mädchen auf die Idee kam, mich mit einem im Fahrradkeller liegenden Besenstiel zu vergewaltigen.

Am Ende dieses Tages sah ich dem Jungen auf dem Foto sehr ähnlich.
Ich habe einmal vor Jahren einen sehr liebenswerten und sehr engagierten Professor der Psychologie und Psychiatrie gefragt, warum es eigentlich so wenigen Opfern gelingt, aus ihrem Opfersein auszubrechen und einen neuen Weg einzuschlagen und warum wir Menschen überhaupt so große Schwierigkeiten haben, wenn wir einen neuen Weg gehen wollen.

Quelle: Astrid Müller
Der Professor sagte zu mir:
„Das hat zwei Gründe:
Kaum etwas auf dieser Welt kostet so viel Kraft, wie sich selbst zu ändern.
Wenn sich nun ein Menschen dazu entschließt, einen neuen Weg zu gehen, dann ist er meist noch sehr kraftlos, weil ihn die Schlingen, Lianen und die Fesseln des alten Weges noch so sehr in ihrem Griff haben. Und deshalb scheitern die meisten Menschen bei dem Versuch, sich zu ändern.“


Und der Professor  fuhr fort:
„Ich habe sehr viele Menschen, die mit ihrem ernst gemeinten Versuch, sich zu ändern, gescheitert sind, nach den Gründen gefragt und einen Grund nannten alle: „Ich hatte keinen Menschen an meiner Seite!““


Der zentrale Satz unserer heutigen Geschichte lautet:
Gott sei Dank, ich wurde gerettet!


Wenn wir uns ändern wollen, brauchen wir einen Freund an unserer Seite.
Wären mir nicht damals liebe Menschen begegnet, die mir ihre Liebe schenkten, die mich immer wieder ermutigt haben, die mich umsorgten und meine Wunden pflegten, hätte ich niemals den Weg zum fröhlichen Erwachsenen beschreiten können.


Deshalb, wenn Du Dich ändern möchtest, dann bitte einen Freund, einen lieben Menschen um Hilfe, der ein Stück des Wegs mit Dir geht, bis Du stark genug bist, alleine weiterzugehen.
Der eigene Weg
www.immowelt.de


Und sei auch Du anderen Menschen, die sich ändern wollen, ein Freund und gehe ein Stück des Weges mit ihnen.


Am kommenden Montag werde ich hier auf dem Blog der spannenden Frage nachgeben, warum wir Menschen andere Menschen lieber kritisieren als sie zu ermutigen.
Ein fast aktuelles Foto aus Bremen
Wann wird es endlich wieder Sommer?
Ihr Lieben,


nun wünsche ich Euch ein rundum gemütliches Wochenende und ich grüße Euch ganz herzlich aus Bremen


Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen

Mittwoch, 26. Juni 2013

Ich bin ein Bremer Stadtmusikant!



Die Bremer Stadtmusikanten
www.bremen.de


„Bremen - etwas Besseres als den Tod findest Du dort in jedem Fall“
Jacob und Wilhelm Grimm



Ihr Lieben,


ich möchte Euch heute ein Märchen der Brüder Grimm erzählen, das Ihr alle kennt, das uns aber sehr viel zu sagen hat.


„Die Bremer Stadtmusikanten“


„Es war einmal ein Mann, der hatte einen Esel. Dieser hatte schon lange Jahre unverdrossen die Säcke in die Mühle getragen. Nun aber verließen den Esel die Kräfte, sodass er nicht mehr zur Arbeit taugte. Da dachte sein Herr daran, ihn wegzugeben. Aber der Esel merkte, dass sein Herr nichts Gutes im Sinn hatte und lief fort. Er machte sich auf den Weg nach Bremen, denn dort, so dachte er, könnte er ja ein Bremer Stadtmusikant werden.


Auf nach Bremen!
Bremer Marktplatz
www.bremen.de



Als er schon eine Weile gegangen war, sah er einen Jagdhund am Wegesrand liegen, der jämmerlich jammerte.

"Warum jammerst Du denn so, Packan?", fragte der Esel.

"Ach", sagte der Hund, "ich bin alt und werde jeden Tag schwächer. Ich kann auch nicht mehr auf die Jagd und mein Herr will mich daher totschießen. Da bin ich davongelaufen. Aber womit soll ich nun mein Brot verdienen?"


"Weißt du, was", sprach der Esel, "ich gehe nach Bremen und werde dort ein Stadtmusikant. Komm mit mir und musiziere mit mir. Ich spiele die Laute, und Du schlägst die Pauke."

Der Hund war einverstanden, und sie gingen zusammen weiter.


Es dauerte nicht lange, da sahen sie eine Katze am Wege sitzen, die machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. 


"Was ist denn dir in die Quere gekommen, alter Bartputzer?", fragte der Esel.

"Wer kann da lustig sein, wenn es einem an den Kragen geht", antwortete die Katze.

"Ich bin nun alt und weil meine Zähne stumpf werden und ich lieber hinter dem Ofen sitze und spinne, als nach Mäusen zu jagen, hat mich meine Frau ertränken wollen. Ich konnte mich zwar noch davonschleichen, aber nun ist guter Rat teuer. Was soll ich nun tun?"


"Geh mit uns nach Bremen! Du verstehst Dich doch auf die Nachtmusik. Wir wollen zusammen Bremer Stadtmusikanten werden."

Die Katze hielt das für gut und ging mit ihnen fort.
Bremer Rathaus
www.bremen.de

Als die drei so miteinander gingen, kamen sie an einem Hof vorbei. Dort saß der Haushahn auf dem Tor und krähte aus Leibeskräften.

"Dein Schreien geht einem ja durch Mark und Bein", sprach der Esel, "was ist mir Dir?"

"Die Hausfrau hat der Köchin befohlen, mir heute Abend den Kopf abzuschlagen. Morgen, am Sonntag, haben sie Gäste und da wollen sie mich in der Suppe essen. Nun schrei ich aus vollem Hals, solang ich noch kann."


"Ei was", sagte der Esel, "zieh lieber mit uns fort! Wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest Du dort in jedem Fall. Du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musizieren, wird es sicherlich herrlich klingen."

Dem Hahn gefiel der Vorschlag, und sie gingen alle vier mitsammen fort.


Aber die Stadt Bremen war weit und so kamen sie abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einen großen Baum, die Katze kletterte auf einen Ast, und der Hahn flog bis in den Wipfel, wo es am sichersten für ihn war. 
Bremen an der Schlachte
www.bremen.de




Bevor er einschlief, sah er sich noch einmal in alle Himmelsrichtungen um. Da bemerkte er einen Lichtschein in der Ferne. Er sagte seinen Gefährten, dass da wohl ein Haus sei, denn er sehe ein Licht. Der Esel antwortete:  "Dann wollen wir uns aufmachen und dort hingehen, denn hier ist die Herberge schlecht."

Und auch der Hund meinte, ein paar Knochen und mit etwas Fleisch täten ihm auch gut.


Also machten sie sich auf den Weg zu dem Flecken, wo das Licht war. Bald sahen sie es heller schimmern, und es wurde immer größer, bis sie vor ein hellerleuchtetes Räuberhaus kamen. Der Esel, als der größte, ging ans Fenster und schaute hinein.

"Was siehst du, Grauschimmel?" fragte der Hahn.

"Was ich sehe?" antwortete der Esel.

"Einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken. Räuber sitzen rundherum und lassen sich es gutgehen!"

"Das wäre etwas für uns", sprach der Hahn.


Da überlegten die Tiere, wie sie es anfangen könnten, die Räuber hinauszujagen. Endlich fanden sie einen Weg. Der Esel stellte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster, der Hund sprang auf seinen Rücken, die Katze kletterte auf den Hund, und zuletzt flog der Hahn hinauf und setzte sich auf den Kopf der. Als das geschehen war, fingen sie auf ein Zeichen an, ihre Musik zu machen: der Esel schrie, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. Darauf stürzten sie durch das Fenster in die Stube hinein, dass die Scheiben klirrten. 
www.buch.de

Die Räuber fuhren bei dem entsetzlichen Lärm in die Höhe. Sie meinten, ein Gespenst käme herein und flohen voller Furcht in den Wald hinaus.

Nun setzten sich die vier Gesellen an den Tisch, und jeder aß nach Herzenslust.

Als sie fertig waren, löschten sie das Licht aus, und jeder suchte sich einen Schlafplatz nach seinem Geschmack. Der Esel legte sich auf den Mist, der Hund hinter die Tür, die Katze auf den Herd bei der warmen Asche, und der Hahn flog auf das Dach hinauf. Und weil sie müde waren von ihrem langen Weg, schliefen sie bald ein.


Als Mitternacht vorbei war und die Räuber von Weitem sahen, dass kein Licht mehr im Haus brannte und alles ruhig schien, sprach der Hauptmann:

"Wir hätten uns doch nicht ins Bockshorn jagen lassen sollen!" und schickte einen Räuber zurück, um zu sehen, ob noch jemand im Hause wäre.

Der Räuber fand alles still. Er ging in die Küche und wollte ein Licht anzünden. Da sah er die feurigen Augen der Katze und meinte, es wären glühende Kohlen. Er hielt ein Streichholz dran, um sie zu entzünden.


Aber die Katze verstand keinen Spaß, sprang ihm ins Gesicht und kratzte ihn aus Leibeskräften. Da erschrak er gewaltig und wollte zur Hintertür hinauslaufen, doch der Hund, der da lag, sprang auf und biss ihn ins Bein. Als der Räuber über den Hof am Misthaufen vorbeirannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Tritt mit den Hufen. Der Hahn aber, der von dem Lärm aus dem Schlaf geweckt worden war, rief vom Dache herunter:

"Kikeriki!"


Da lief der Räuber, so schnell er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach:

"In dem Haus sitzt eine gräuliche Hexe, die hat mich angehaucht und mir mit ihren langen Fingern das Gesicht zerkratzt. An der Tür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen. Auf dem Hof aber liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einem Holzprügel auf mich eingeschlagen und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter und rief: -Bringt mir den Schelm her!- Da machte ich, dass ich fortkam."


Von nun an getrauten sich die Räuber nicht mehr in das Haus. Den vier Bremer Stadtmusikanten aber gefiel es darin so gut, dass sie nicht wieder hinaus wollten.“
Quelle: Karin Heringshausen

Ihr Lieben,


dieses wundervolle Märchen berichtet uns von vier Tieren, die erfüllt sind von den Wunsch, zu überleben und die bereit sind, sich dafür mit allen ihren Kräften einzusetzen.


Der wichtigste Satz dieses ganzen Märchens ist der erstaunliche Satz:
„Etwas Besseres als den Tod findest Du überall!“


Der Esel ist alt und soll im Schlachthaus zu Tierfutter verarbeitet werden.
Der Hund soll erschlagen, die Katze ersäuft und der Hahn geschlachtet werden.


Ich bin schon oft gefragt worden, was mich so sehr motiviert hat, der fröhliche Mensch zu werden, der ich heute bin, nach all den schrecklichen Erlebnissen in meiner Kindheit und Jugend.


Ich erinnere mich an eine Szene im Fahrradkeller unserer Schule, als ich 15 Jahre alt war. Man hatte mich wieder einmal dorthin verschleppt und mir den nackten Po mit dünnen Stöckern versohlt, als eines der beteiligten Mädchen auf die Idee kam, mich mit einem im Fahrradkeller liegenden Besenstiel zu vergewaltigen.


Wer – und das wünsche ich nicht einmal dem schlimmsten Menschen – das selbst einmal am eigenen Leib erlebt hat, dem geht es wie den Bremer Stadtmusikanten.
„Etwas Besseres als den Tod, in diesem Fall als eine solche Vergewaltigung, findest Du überall!"
Bremen als Symbol der Freiheit
www.das-eselskind.com



Die Bremer Stadtmusikanten ergeben sich nicht einfach in ihr Schicksal, sondern sie machen sich auf den Weg zu ihrem ersehnten Ziel nach Bremen.
Und sie lassen sich auch durch keine der Schwierigkeiten, auf die sie auf dem Weg nach Bremen treffen, entmutigen.

 
Wenn wir die Vergangenheit hinter uns lassen wollen, müssen wir mit ihr brechen.
Wenn wir uns von der Vergangenheit befreien wollen, müssen wir sie hinter uns lassen, so wie die Bremer Stadtmusikanten.


„Bremen“ bedeutet für die Bremer Stadtmusikanten:
„Ich will nicht aufgeben, ich will mich wehren, ich will etwas unternehmen.“



Das ist das Erste, was wir aus dem Märchen lernen können.


Der zweite wichtige Satz aus dem Märchen wird von dem Esel gesprochen:
„Wenn wir zusammen musizieren, 
wird es sicherlich herrlich klingen!“


Wenn wir nicht aufgeben wollen, wenn wir schreckliche Erlebnisse und große Schwierigkeiten überwinden wollen, dann ist es gut, wenn wir uns mit anderen zusammentun, mit Menschen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben, die ähnliche Schwierigkeiten bewältigen müssen.
 
„Gemeinsam sind wir stark“ – das ist das Geheimnis der Bremer Stadtmusikanten!
www.robimax.de



Ihr Lieben,


die geschilderte Vergewaltigung und die Erkenntnis der Bremer Stadtmusikanten „Etwas Besseres als den Tod findest Du überall!“ haben mich damals dazu bewogen, meine Vergangenheit, so weit sie schrecklich war, hinter mir zu lassen.


„Aber“, so wurde ich in diesen Tagen gefragt, „was ist mit den Menschen, die nichts Schlimmes erlebt haben, die nicht vor großen Schwierigkeiten stehen? Warum sollten sie sich dazu entscheiden, ihren eigenen Weg zu gehen, wenn der ihnen durch andere Menschen vorgezeichnete und bestimmte Weg doch so wunderbar gangbar ist?“


Meine Antwort muss nicht richtig sein, aber ich glaube, dass die Würde des Menschen vor allem darin besteht, seine eigenen Entscheidungen fällen zu können, mögen sie auch manchmal fehlerhaft sein. 

Denn dann, wenn wir nicht unsere eigenen Entscheidungen fällen und nicht unseren eigenen Weg gehen, könnte es geschehen, dass wir am Ende unseres Lebens erschreckt feststellen müssen, dass wir gar nicht gelebt haben, nämlich unser eigenes Leben!

 
Zum Abschluss noch dieses:
Kennedy in Berlin vor genau 50 Jahren
und ich war zusammen mit meinem Jugendfreund dort
Das Foto wurde mir von Astrid Müller zur Verfügung gestellt
www.welt.de
John F. Kennedy sagte einmal den berühmten Satz: „Ich bin ein Berliner!“
Und so sage ich, obwohl ich ursprünglich nicht aus Bremen stamme:
„Ich bin ein Bremer Stadtmusikant!“

 
www.bremen.de
Ihr Lieben,


ich wünsche Euch einen fröhlichen entspannten Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen


Euer fröhlicher Werner
www.session.de

Dienstag, 25. Juni 2013

Ein wichtiger Nachtrag zu der gestrigen Geschichte „Entscheide selbst!“



Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,


ein lieber Facebook-Freund schrieb mir gestern Abend aufgrund meiner Geschichte folgenden Kommentar:


„Warum soll man seinen eigenen Weg gehen ? Wenn das doch so angenehm ist, den Weg zu gehen, der einem vorbereitet ist ? Diese Frage hab ich vor ein paar Tagen von jemandem gestellt bekommen, der nicht erwachsen sein will.


Irgendwie weiß ich, dass man nicht glücklich werden kann, wenn man immer nur das macht, was andere Leute Dir sagen ... Aber ich könnte es nicht erklären oder besser gesagt, ich verstehe es selber nicht wirklich mit meinem Kopf. Vielleicht kannst Du mir ja da auf die Sprünge helfen, lieber Werner.“
www.wikipedia.org

Auf diese Frage antworte ich gerne.
Ich gebe aber zu, dass auch ich keine endgültigen Antworten habe, denn mir ist wichtig, niemandem meine Meinung überzustülpen, sondern jeden Menschen dazu anzuregen, sich seine eigenen Gedanken zu machen. Denn indem sich jeder seine eigenen Gedanken macht, macht er den ersten Schritt auf dem Weg zu eigenen Entscheidungen.


Warum ich selbst dafür bin, nicht den (für mich angeblich) vorbereiteten Weg zu gehen, sondern mich für meinen eigenen Weg zu entscheiden, hat zwei Gründe in meiner Kindheit.


Als ich in meiner Jugend von meinen Mitschülern immer wieder bei den verschiedensten Gelegenheiten nackt ausgezogen, aufs Tiefste gedemütigt, schrecklich misshandelt, brutal missbraucht und gefoltert wurde, war mein Weg als Opfer vorgezeichnet, ich hätte also Opfer für den Rest meines Lebens bleiben können.


Das aber wollte ich nicht. Ein Grund für eigene Entscheidungen sollte also der Antrieb sein, die eigene Lage zu verbessern. 


Der zweite Grund hat etwas damit zu tun, dass es die sogenannte „Nicht-Entscheidung“ gar nicht gibt. Ich will ein ganz einfaches Beispiel anführen:

Wenn ich mit dem Auto falsch parke und einen Strafzettel bekomme, dann kann ich bewusst die Entscheidung treffen, diesen Strafzettel durch eine Banküberweisung zu bezahlen.


Wenn ich mich weigere, mich zu entscheiden, ob ich den Strafzettel bezahlen will und ihn einfach liegen lasse, dann bekomme ich nach einigen Wochen einen Busgeldbescheid und wenn ich mich dann immer noch nicht entscheiden kann, also ob ich ihn bezahlen oder gegen ihn Einspruch erheben will, wird mir die Entscheidung abgenommen und irgendwann ergreift der Staat dann Zwangsmaßnahmen gegen mich und pfändet das Geld oder steckt mich für eine entsprechende Anzahl von Tagen ins Gefängnis.


Deshalb ist es mein Bestreben, lieber meine eigenen Entscheidungen zu fällen.
Die sind nicht immer richtig und nicht immer klug, aber es sind meine und das ist mir immer noch tausend Mal lieber, als wenn andere Menschen über mein Leben entscheiden.



Ihr Lieben,


ich wünsche Euch einen fröhlichen, selbstbestimmten Tag und grüße Euch herzlich aus Bremen.

Euer fröhlicher Werner
Quelle: Karin Heringshausen