3080 Geschichten


Auf dem ESELSKIND-Blog stehen inzwischen 3.087 Geschichten und zwei Mal in der Woche kommen weitere hinzu.

Ich wünsche jeder Leserin und jedem Leser recht viel Freude beim Lesen der Geschichten und ich hoffe, dass Euch die Geschichten ein wenig ermutigen und Euch veranlassen, niemals aufzugeben, denn denkt bitte immer daran:
Ihr seid etwas Besonderes, Ihr müsst nur Eurer Licht zum Leuchten bringen


Euer fröhlicher Werner aus Bremen

Samstag, 14. April 2012

Wie auch ein „Dummer“ zum Lebensretter werden kann



Ihr Lieben,

heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Josef Quadflieg erzählen:

„Der dumme Martinez“

In die Schule eines kleinen Ortes in Mexiko ging ein Junge namens Martinez, der konnte nicht rechnen und nicht schreiben und nicht lesen. Er konnte nur Blumen gießen und Hefte austeilen und die Landkarte aufhängen. Ja, das konnte er uns das tat er sogar am liebsten.

Keiner wusste so gut mit dem verzwickten Kartenständer und der langen Schnur umzugehen, die daran war und durch allerlei Haken und Ösen lief.

Die Kinder und Lehrer mochten Martinez nicht gern und nannten ihn nur den „dummen Martinez“.

Eines Tages sagte der Lehrer: „Martinez, bleib heute nach dem Unterricht mit Jo in der Klasse und mach bitte das Aquarium sauber.“

Das tat Martinez gerne, aber Jo, der war gar nicht gern mit Martinez zusammen.
Er sprach kein Wort mit ihm.

Auf einmal hörten die Jungen aufgeregte Schreie. War das auf der Straße? In der Schule? Auf dem Flur hörte man Rufe und bald drang  ein beißender Geruch in die Klasse. Jo riss die Tür auf. Qualm und Flammen schlugen ihm entgegen. Die Schule brennt!
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„Martinez! Martinez!“ schrie Jo. „Hilf mir! O weh, wir verbrennen!“
Das Feuer drang schon in die Klasse vor, fraß sich in den Fußboden, packte die ersten Schulbänke.

Die einzige Rettung wäre ein Sprung auf dem Fenster gewesen. Das das befand sich gut acht Meter über der Straße. Da rannte Martinez zum Kartenständer.

Flink wie eine Katze knotete er die Kordel los, zog sie flink aus den Ösen, löste sie von den Aufhängehaken, band sie mit geschickten Griffen Jo unter den Armen um die Brust und eilte mit ihm zum Fenster.

Vorsichtig kletterte Jo aus das Fenstersims, hielt sich an den Steinen fest, am Blitzableiter, am Antennendraht. Dann musste er springen. Oben stand Martinez und hielt die Schnur fest, sie schnitt tief in seine Hand ein.

Als Jo wohnbehalten unten ankam, war endlich auch die Feuerwehr zur Stelle.
Doch die Flammen hatten den „dummen Martinez“ schon ganz verbrannt.

Die Leute aus dem Ort, die durch das Sirenengeheul der Feuerwehr auf den Brand aufmerksam geworden und sofort zur Schule gelaufen waren, standen stumm auf der Straße und einer fragte den anderen: „Wer ist es, der verbrannt ist?“ Und sie antworteten einander: „Es war der Martinez, der kleine Dumme, wer sonst, das ist typisch, dass gerade er verbrannt ist, er war einfach zu dumm!

Aber war er wirklich so dumm gewesen, der tapfere Martinez?
Zum Glück gab es Jo, der allen von seiner selbstlosen Tat erzählte…

Und tief beschämt gingen die Menschen wieder heim.“


Ihr Lieben,

gerade Menschen, die ein großes Handicap haben, können oft ganz gewaltige Leistungen erbringen.

Das liegt daran, dass diese Menschen oft versuchen, ihr Handicap durch besondere Leistungen auf anderen Gebieten auszugleichen.
Für mich sind Gestalten wie dieser Martinez die wahren Helden in dieser Welt.
Nicht Staatmännern und Kriegshelden sollte man Denkmäler bauen, sondern solchen Menschen wie Martinez.  Sie zeigen uns „Normalen“, worauf es wirklich ankommt in dieser Welt.

Diese Geschichte erinnert mich an meinen Jugendfreund Hans-Christoph.
Manchmal stimmt es mich traurig, dass ich ihm heute nicht noch einmal Danke sagen kann, dass ich ihm nicht noch einmal sagen kann, was er für mich getan hat. Gerne würde ich ihm meine Söhne vorstellen, denen ich auch viel über ihn erzählt habe.

Hans-Christoph war auch einer wie Martinez.
 
Er war geistig sehr helle, aber er hatte ein Handicap wie Martinez.
Sein großes Handicap war seine besonders schwere Asthmaerkrankung.
Durch diese schwere Krankheit bedingt war er zierlich und klein für sein Alter von 14 Jahren und er wog keine 50 Kilo.

Husti, Krüppel und Zwerg“ – das waren noch die freundlichsten Bezeichnungen, mit denen er in der Schule bedacht wurde.

Aber er ließ sich nicht entmutigen, er gab niemals auf und statt sich selbst zu bemitleiden wegen seiner schrecklichen Krankheit, rettete er mir das Leben, indem er mir zeigte, dass das Leben auch schön sein kann, indem er Zuversicht und Hoffnung in mich einpflanzte, indem er mir seine Freundschaft anbot und mich fast jedes Wochenende zu sich nach Hause einlud.


Durch ihn lernte ich die Freude kennen, den inneren Frieden,
die Versöhnung, das Niemals-Aufgaben.

Wenn ich heute jeden Tag hier auf dem Blog zwei Geschichten erzähle, dann tue ich das auch ein Stück im Gedenken an Hans-Christoph, den ich gebe nur weiter, was ich von ihm, einem 14-Jährigen (!) gelernt habe.
Meine größte Freude ist es heute, Freude an andere Menschen weiterzugeben, anderen Menschen zuzurufen: „Gib niemals auf!

Hans-Christoph wurde nur 14 Jahre alt, vielleicht so alt wie Martinez.

Er und Martinez, das sind die wahren Helden für mich in dieser Welt und im Gedenken an Hans- Christoph gebe ich wie ein Brunnen jeden Tag das weiter, was ich selbst empfangen habe.

Ich wünsche Euch nun einen gemütlichen fröhlichen Abend und grüße Euch herzlich aus meinem Garten bei untergehender Sonne

Euer altes Eselskind Werner


Quelle: Karin Heringshausen


 

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