| Die ersten Frühlingsboten |
"Ich beschäftige mich nicht mit dem, was getan worden ist. Mich interessiert, was getan werden muss."
Marie Curie
Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute eine Geschichte von Paula Meux erzählen:
"Der Engel an der Brücke"
"Der Engel an der Brücke"
"Ich traf auf meinem Weg einen jungen Mann, der ging auf und ab. Ich fragte, was er denn mache und er schaute mich an. Seine Augen waren voll Trauer und auch voll Wut. Sein Körper war geschwächt und doch konnte er nicht ruhen.
Auf seinen Schultern lastete ein großes Paket – hier und da waren ein paar Löcher, wo wohl ein Stück des Inhalts fehlte; dennoch schien es dadurch nicht minder schwer.
Auf seinen Schultern lastete ein großes Paket – hier und da waren ein paar Löcher, wo wohl ein Stück des Inhalts fehlte; dennoch schien es dadurch nicht minder schwer.
Ich fragte, warum er denn nur ständig auf und ab gehe? Er sagte, dass er gerne über diese Brücke gehen wolle, um auf die wunderschöne Insel gegenüber der Schlucht zu gelangen, doch er wage es nicht, denn seine Last sei so schwer und die Brücke, die er passieren müsse, mache keinen stabilen Eindruck.
Ich fragte ihn, warum er denn die Last nicht ablegen würde, dann könnte er doch ohne Weiteres die Brücke passieren. Er schaute mich entgeistert an – ohne sein Gepäck??? Nein, das ginge nicht!
Ich fragte ihn, was denn so Wichtiges in diesem Paket wäre, dass er es denn nicht hier lassen könne. Er lächelte und sagte – es ist meine Vergangenheit.
Er ging auf und ab – sehnsüchtige Blicke folgten dem Weg auf diese wunderschöne Insel – mit Blumen und Früchten und frischem Wasser. Er war wirklich geschwächt, so bot ich ihm Wasser an – dankend trank er.
Ich fragte, ob er seine Last absetzen möge und auf die Insel gehen wolle. Vehement verneinte er – auf keinen Fall würde er auf seine Vergangenheit verzichten, nur, um auf die Insel zu gelangen – es müsse doch schließlich auch einen anderen Weg geben.
Wir schwiegen.
Ich meinte, wenn seine Vergangenheit leichter wäre, so könne er sie vermutlich mit auf die Insel nehmen. Doch wäre sie leichter, so wäre sein Eigengewicht weitaus mehr und so könnte er sowohl mit als auch ohne Vergangenheit diese Brücke nicht passieren. Dadurch jedoch, dass er nun so lange gegangen sei mit dieser Last, sei er selber davon so leicht geworden, dass er die Brücke passieren könne, würde er seine Last absetzen.
Er schaute mich erstaunt an – „Es ist also die einzige Möglichkeit diese Brücke zu überqueren?“ fragte er.
Ich schwieg. Er dachte nach.
Dann fragte er mich, ob ich denn kurz für ihn seine Vergangenheit tragen könnte, da er das Paket ungern in den Staub stellen wolle. Er würde jedoch gern einmal auf die Insel gehen, um zu schauen, ob sich denn der Tausch auch lohnen würde.
Ich sagte, dass er gern auf die Insel gehen könne, doch ich würde ihm seine Last nicht abnehmen. Ich zeigte auf den Haufen neben der Brücke und sagte: "All das ist Vergangenheit von vielen anderen, die auch zuvor wie du unentschlossen waren. Es ist deine Entscheidung – wohin es dich trägt."
Und seit er über die Brücke lief, ruht neben seiner Vergangenheit die Vergangenheit vieler anderer glücklicher, freier Menschen!"
Ihr Lieben,
ich kenne sehr viele Menschen, die verspüren in sich eine ganz große Sehnsucht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, einen Traum zu verwirklichen. Sie träumen z.B. davon, glücklich, fröhlich und frei zu leben.
Aber das, was sie daran hindert, ist ihre Vergangenheit.
Oft haben sie in ihrer Vergangenheit Schweres erlebt, oft wurde ihnen Böses angetan, oft haben sie selbst große Fehler begangen, aber sie sind nicht bereit, diese Lasten abzulegen, auf diese Lasten zu verzichten und fröhlich und frei in die Zukunft zu gehen.
Ich selbst habe vor vielen Jahren vor der schweren Entscheidung gestanden, wie ich mit meiner Vergangenheit umgehen will. Ich habe mir klar gemacht, dass die Menschen, die mir in Kind und Jugend so viel Böses angetan haben, auch heute noch mein Leben bestimmen, wenn ich mich nicht von meiner Vergangenheit löse, sie hinter mir lasse.
Wenn wir fröhlich und frei in die Zukunft gehen wollen, wenn wir die Insel des Glücks betreten wollen, müssen wir unsere Vergangenheit hinter uns lassen. Auf dem Weg in unsere Zukunft ist nur leichtes Gepäck erlaubt. Diese leichte Gepäck besteht aus den Erinnerungen an die schönen Stunden unserer Vergangenheit.
Ihr Lieben,
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch Freiheit von der Vergangenheit und eine glückliche unbeschwerte Zukunft und ich grüße Euch heute morgen ganz herzlich mit einem Güterzug voll Zuversicht und Hoffnung
Euer fröhlicher Werner

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