3080 Geschichten


Auf dem ESELSKIND-Blog stehen inzwischen 3.087 Geschichten und zwei Mal in der Woche kommen weitere hinzu.

Ich wünsche jeder Leserin und jedem Leser recht viel Freude beim Lesen der Geschichten und ich hoffe, dass Euch die Geschichten ein wenig ermutigen und Euch veranlassen, niemals aufzugeben, denn denkt bitte immer daran:
Ihr seid etwas Besonderes, Ihr müsst nur Eurer Licht zum Leuchten bringen


Euer fröhlicher Werner aus Bremen

Freitag, 10. Dezember 2010

Mobbing - es sollte doch nur ein kleiner Spaß sein!

"Nicht der ist ein Held und cool, der sich in einer Gruppe versteckt und dabei hilft, eine einzelne Person zu mobben, sondern derjenige, der aus der Gruppe ausbricht und sich auf die Seite der gemobbten Person stellt."
Alexander Rykow

Ihr Lieben,

immer wieder werde ich in Nachrichten gebeten, die eine oder andere Geschichte noch einmal zu erzählen. Ich komme einer solchen Bitte sehr gerne nach. Heute erzähle ich Euch die Geschichte eines unbekannten Autors:

"Mobbing - es sollte doch nur ein kleiner Spaß sein!"
"Nur ein kleiner Spaß sollte es werden, wirklich. Wir wollten uns nur über den Neuen amüsieren, weil er so lustig aussah mit seinen langen Haaren, seiner mädchenhaften Brille und seiner lustigen Aussprache. Er kam ja nicht von hier, sondern irgendwo aus dem Süden. Und er benahm sich eigenartig.

Wir konnten ja nicht wissen, dass das alles so dermaßen ausartet. Und mir tut es wirklich leid. Ich wollte ihn nicht systematisch fertigmachen, wollte nicht, dass er sich in den Tod stürzt....... doch es war anscheinend zu spät.

Wie gesagt, es fing alles an, als er das erste Mal den Klassenraum betrat. Wie er so dastand, wir konnten uns das Lachen nicht verkneifen - Mädchen sowie Jungen. Er war kleiner als der Durchschnitt und stand sehr verkrampft vor uns, aber brachte doch keinen Ton raus. Zweimal musste der Lehrer ihn fragen, wie er denn überhaupt hieß. Erst dann antwortete er: "Lukas."

Lukas, damals hatten wir alle gelacht - heute lacht keiner mehr. Wir werden ihn gewiss nicht vergessen, zumindest ich nicht.
Doch es hatte alles so harmlos begonnen. In den Pausen stand er bei uns, mehr bei den Mädels als bei den Jungen, und er ließ immer so lustige Sprüche los. Ich weiß gar nicht mehr, was er so gesagt hatte, aber auf jeden Fall mussten wir ständig kichern und lachen. Anfangs schien es ihn nicht zu stören. Zumindest lachte er noch mit.

Doch dann kam meine beste Freundin auf die Idee, dass man ihm ein wenig auf die Sprünge helfen solle. Damals wusste ich nicht, dass sie vorhatte, ihn auf der gesamten Schule zu blamieren und seine Naivität auszunutzen, weil er noch nie richtig in einer gemeinschaft integriert war. Sie meinte, sie wollte nur ein wenig mehr Stimmung in die Runde bringen.

Ich hatte nicht darüber nachgedacht und konnte nur noch zusehen, wie er - ahnungslos - immer mehr zu uns Mädels kam, weil die Jungs ihn nicht ernstnahmen und ihn eine Schwuchtel nannten, weil er eben längere Haare hatte und oft ein rosa Polohemd trug. Und weil er sich im Sport immer so ungeschickt benahm.
Der Junge war wirklich naiv und tat mir irgendwie leid. Er hörte auf uns, wenn wir ihm "Tipps" gaben. Leider hatte meine Freundin ihn damit bewusst reingelegt. als er einmal die Hausaufgaben nicht hatte, ließ sie ihn abschreiben - vorher hatte sie aber bewusst Fehler gemacht, damit er sich beim Vorlesen blamierte. Was auch geschah. Und wieder schien es ihm nichts auszumachen, auch nicht, als man ihm im Klassen-Rollenspiel eine Rolle gab, die gar nicht zu ihm passte und mit der er sich noch mehr blamierte.

Doch trotz allem kam er in der Pause immer wieder an und sprach noch mit uns. Bis wir auf die Idee kamen, ihn etwas davon abzubringen. In eine rruhigen Minute, also einer Freistunde, sprachen wir ihn darauf an, dass er sich damit noch mehr ins Abseits manövrierte, wenn er weiterhin mit uns seine Pausen verbrachte. weil es nicht gut kam, wenn er ständig bei den Mädels stand.
Er meinte, es habe ihm nichts ausgemacht. Er hatte uns noch angelächelt und war einfach davon gegangen. Die Tage danach hatten wir Ruhe vor ihm - doch das reichte uns nicht. Einige kamen plötzlich auf die Idee, ihn aus der Klassengemeinschaft herauszuärgern. Und wieder hatte ich nicht darüber nachgedacht, sondern mitgemacht.

Ich weiß gar nicht mehr warum. Vermutlich, um nicht selbst ausgegrenzt zu werden, und weil der neue Ruhm der Klasse davon abzuhängen schien, wer am fiesesten zu ihm war. Er zeigte sich immer locker, selbst als wir ihm den Zugang zum Klassenraum mit Tischen und Stühlen versperrt hatten. Er hatte sich dann einfach vor die Tür gesetzt und Musik gehört.
Auch als er im Sport wieder so lustig am Rande stand und alle lachten, blieb er locker. Irgendwann zielte ein Klassenkamerad beim Fußball mit Absicht auf ihn und traf seinen Bauch. Lukas hatte danach starke Bauchschmerzen, doch selbst als ihm übel geworden war, blieb er in der Schule. Ab diesem Punkt hatte ich ein schlechtes Gewissen bekommen, es ging mir alles zu weit. Es sollte doch eigentlich nur ein Spaß sein, ich wollte ihn nur etwas provozieren, wo war die Situation eskaliert? War sie da überhaupt schon eskaliert oder war so etwas unter den Jungs normal?
Es vergingen einige Tage, in denen er immerzu alleine war. In der Schule, selbst im Unterricht bei Gruppenarbeiten, drehte er sein eigenes Ding. Zwar nur mit mäßigen Erfolgen, doch er betonte, dass er klar kam. Und als ich mich mal um ihn bemühte, lehnte er meine Hilfe dankend ab. Er hatte mit uns abgeschlossen.

Doch er bekam noch einige Briefe von den anderen Mädels. Ich erfuhr nie, was darin stand, angeblich nur ein paar "gute Ratschläge", aber anscheinend waren sie alles andere als gut. Ich wollte dann nicht mehr, dass er sich das weiter antat, in dieser Klasse zu bleiben, deshalb schrieb ich kurz: "Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, dann solltest du besser aus dieser Klasse raus."
Ich hätte ja nicht ahnen können, dass er es anders versteht!!!!

Am nächsten Morgen war der gesamte Bahnverkehr auf meinem Schulweg lahm gelegt. Ich hatte noch lange am Bahnhof gestanden, mich wundernd, warum kein Zug mehr fuhr.

Lukas war aus der Klasse verschwunden, und gleichzeitig auch aus unserem gesamten Leben.
Aber in meinen Gedanken werde ich ihn nicht vergessen.... und auch nicht, was unser kleiner Spaß bewirkt hatte..."


Ihr Lieben, 
wenn unsere Kinder und Enkelkinder die Schule besuchen, sollten wir nicht versäumen, mit ihnen über Mobbing zu sprechen und ihnen klar zu machen, dass es sich dabei nicht um einen Scherz handelt.

Wir müssen ihnen verdeutlichen, dass es äußerst gemein ist, einen einzelnen Schüler oder eine einzelnen Schülerinzu ärgern oder ihm/ihr das Leben schwer zu machen. Das Schlimme des Mobbings in der Schule ist zusätzlich, dass hier meist nicht ein Schüler/eine Schülerin durch jeweils einen Schüler/eine Schülerin geärgert und gemobbt wird, sondern dass an dem Mobbing in der Schule in der Regel eine ganze Klasse gegen einen einzelnen Schüler/ eine einzelne Schülerin beteiligt ist.

Wir sollten unseren Kinder klar machen, dass nicht der cool und stark ist, der sich an einem solchen Mobbing aktiv beteiligt, sondern dass derjenige vool und stark ist, der sich auf die Seite desjenigen oder derjenigen stellt, der/die gemobbt wird.

Ich wünsche Euch heute einen harmonischen Tag und ganz viel Liebe in Euer Herz. 
Ich grüße Euch ganz herzlich mit einer Tönne Fröhlichkeit, Euer Werner vom Weserstrand

                                                       


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