Arbeitskreis Neue Erziehung e.V.
Extrabrief
Kinder stark machen - sexuellem Missbrauch vorbeugen
Liebe Eltern,
vielleicht ist es Ihnen auch schon einmal so gegangen: Sie haben Ihr Kind auf dem Rummelplatz aus den Augen verloren oder es hätte längst aus der Schule zurück sein müssen ... Ganz schnell läuft dann ein innerer Film ab: Jemand könnte das Kind angesprochen, es in sein Auto gezerrt haben, sich sexuell an ihm vergehen ...
Auch wenn in den Zeitungen und im Fernsehen zunehmend über brutale sexuelle Gewaltverbrechen an Kindern berichtet wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind Opfer eines derartigen Verbrechens wird, äußerst gering. Dennoch sind Eltern beunruhigt und besorgt.
Neben den spektakulären Gewalttaten, die die Öffentlichkeit alarmieren und entsetzen, gibt es ungezählte Fälle versteckten und verschwiegenen sexuellen Mißbrauchs an Kindern und Jugendlichen.
Die Täter sind meist keine Fremden, die sich ihr Opfer zufällig und meist gewaltsam herausgreifen.
Drei Viertel aller Mißbrauchsfälle geschehen im Bekannten- oder Verwandtenkreis der Kinder.
Wir haben in mehreren Bundesländern, in Großstädten und ländlichen Gemeinden, Eltern befragt. Die Fülle der Zuschriften zeigt, dass viele verunsichert sind: Könnte meinem Kind so etwas zustoßen? Sie überlegen: Wie kann ich es schützen? Was sollte unser Kind wissen? Müssen wir ihm Mißtrauen gegenüber jedem Erwachsenen einschärfen? Können wir mit ihm schon über sexuellen Mißbrauch reden? Müssen wir das sogar, damit es nicht unvorbereitet in eine solche Situation hineinschlittert?
Dieser Brief möchte Eltern informieren und dazu beitragen, Ängste abzubauen. Sie finden in diesem Brief Anregungen, wie Sie die Selbstständigkeit Ihres Kindes unterstützen und was Sie zu seinem Schutz tun können. Darüber hinaus finden Sie Hinweise für den Verdachtsfall, Literaturempfehlungen und Adressen, an die Sie sich mit weiteren Fragen wenden können.
Was ist sexueller Missbrauch?
Sexueller Missbrauch ist die Benutzung eines Kindes für die sexuellen Bedürfnisse eines Erwachsenen. Aufgrund der Überlegenheit von Erwachsenen ist sexueller Missbrauch immer auch ein Machtmiss-brauch. Die Spannbreite reicht von versteckten Versuchen, ein Kind sexuell zu berühren bis hin zu direkter sexueller Ausbeutung unterschiedlichen Schweregrades und Dauer.
So werden Kinder gezwungen, sich nackt zu zeigen oder fotografieren zu lassen, lüsterne Blicke und zweideutige Anspielungen zu ertragen, sich anfassen und begutachten zu lassen. Sie werden genötigt, pornographische Bilder anzusehen, und aufgefordert, den Erwachsenen mit der Hand oder dem Mund zu befriedigen. Das geht bis hin zur Vergewaltigung, zum analen, oralen und vaginalen Geschlechts-verkehr mit dem Kind.
So werden Kinder gezwungen, sich nackt zu zeigen oder fotografieren zu lassen, lüsterne Blicke und zweideutige Anspielungen zu ertragen, sich anfassen und begutachten zu lassen. Sie werden genötigt, pornographische Bilder anzusehen, und aufgefordert, den Erwachsenen mit der Hand oder dem Mund zu befriedigen. Das geht bis hin zur Vergewaltigung, zum analen, oralen und vaginalen Geschlechts-verkehr mit dem Kind.
In der Bundesrepublik werden jährlich etwa 14-16.000 Fälle angezeigt. Die Zahl der nicht gemeldeten Fälle schätzen Fachleute bis zu zehnmal so hoch. Es sind eher die Vorfälle im weiteren Umfeld der Familie, die zur Anzeige kommen. Je näher sich Täter und Opfer stehen, desto unwahrscheinlicher ist die Aufdeckung.
Auch wenn die genauen Zahlen schwer zu ermitteln sind: jeder Fall ist einer zuviel. Hinter jedem steht ein Kind, dessen Würde verletzt wurde, das vielleicht ein jahrelanges Martyrium erlebt hat und unter den Folgen leiden muss.
Die Opfer sind zu etwa 75 Prozent Mädchen. Die meisten sind zwischen sechs und elf, viele noch nicht einmal sechs Jahre alt. Die Täter sind überwiegend Männer oder männliche Jugendliche aus dem Nahbereich des Kindes: ein Freund der Familie, ein Kollege der Eltern, ein Nachbar, ein Lehrer, manchmal auch der Stiefvater des Kindes, der große Bruder oder sogar der eigene Vater. Es gibt auch sexuelle Übergriffe von Frauen. Wegen ihres körperbetonteren Umgangs mit Kindern sind solche Übergriffe meist weniger eindeutig.
Sexueller Mißbrauch kommt in allen Gesellschaftsschichten vor: Vielleicht engagiert der Täter sich ehrenamtlich, ist hilfsbereit und beliebt - kein Monster, sondern fast immer ein eher unauffälliger Mensch. Warum erwachsene Menschen so etwas tun, darauf können wir in diesem Text nicht eingehen.
Wie kann so etwas passieren?
Mit einer Kissenschlacht zwischen Onkel und Nichte hat es angefangen. Dann hat die siebenjährige Anna ihren Onkel gekniffen und ihm die Brille weggenommen. „Zur Strafe" will er sie jetzt auskitzeln. Prima, macht sie mit Mama auch immer. Doch dann findet sie das Kitzeln auf einmal zu doll.
„Aufhören", schreit sie und muss trotzdem noch lachen. Er hört aber nicht auf. „Ach komm, stell dich nicht so an wegen einem kleinen Spaß." Er hält ihre Beine fest. Als er seine Hand auf ihren Pobacken liegen läßt, erstarrt sie - und sagt auch kein Wort, als er seinen Finger in ihren Schlüpfer gleiten läßt. Plötzlich ist das Gefühl so komisch. Irgendwie eklig. Anna hofft inständig, dass er seine Hand da wegnimmt. Am liebsten würde sie schreien. Aber ihre Kehle ist wie zugeschnürt. Sie schämt sich, dass sie sich das hat gefallen lassen. Sie schämt sich auch für den Onkel, der auf einmal so ganz anders ist. Anna ist total verwirrt!
„Aufhören", schreit sie und muss trotzdem noch lachen. Er hört aber nicht auf. „Ach komm, stell dich nicht so an wegen einem kleinen Spaß." Er hält ihre Beine fest. Als er seine Hand auf ihren Pobacken liegen läßt, erstarrt sie - und sagt auch kein Wort, als er seinen Finger in ihren Schlüpfer gleiten läßt. Plötzlich ist das Gefühl so komisch. Irgendwie eklig. Anna hofft inständig, dass er seine Hand da wegnimmt. Am liebsten würde sie schreien. Aber ihre Kehle ist wie zugeschnürt. Sie schämt sich, dass sie sich das hat gefallen lassen. Sie schämt sich auch für den Onkel, der auf einmal so ganz anders ist. Anna ist total verwirrt!
Missbraucher gestalten ihre sexuellen Übergriffe oft als „unverfängliche", spielerische Situation, die dem Kind zunächst angenehm ist und Spaß macht. Die Neckereien und Balgereien erfahren dann aber unmerklich eine andere Tönung, deren sexuellen Charakter das Kind oft erst wahrnimmt, wenn es bereits in das Geschehen verstrickt ist.
Auch wenn die Grenze zwischen zärtlichen Berührungen und sexuellen Übergriffen manchmal verschwommen und der Übergang schmal zu sein scheint: Aus Versehen missbraucht niemand ein Kind!
Sexueller Missbrauch wird meist mehr oder weniger bewusst eingefädelt und geplant. Häufig testet der Erwachsene das Kind erst einmal aus. Da folgt der Nachbar oder der Babysitter dem Jungen vielleicht ins Badezimmer und pinkelt demonstrativ ins Waschbecken. Guckt das Kind verlegen weg oder fragt es empört: „Was machst du denn da?" Schubst das kleine Mädchen Opas Hand entschieden von ihrem Oberschenkel oder bleibt es wie erstarrt sitzen? Wie das Kind sich verhält, ob es sich vielleicht schon durch ein augenzwinkerndes „Bleibt aber unter uns, Kumpel" in ungute Nähe verstricken und zum Mitwisser eines Geheimnisses machen lässt, gibt dem Mißbraucher Aufschluss darüber, wie weit er gehen kann.
Wie Fachleute betonen, kann eine erste entschiedene Reaktion des Kindes schon dazu führen, dass der Erwachsene von seinem Vorhaben abläßt.
Dass dazu aber eine ganze Menge Selbstbewußtsein und Mut gehören, weiß jeder, der eine ähnliche Situation schon einmal erlebt hat.
Sexueller Missbrauch wird meist mehr oder weniger bewusst eingefädelt und geplant. Häufig testet der Erwachsene das Kind erst einmal aus. Da folgt der Nachbar oder der Babysitter dem Jungen vielleicht ins Badezimmer und pinkelt demonstrativ ins Waschbecken. Guckt das Kind verlegen weg oder fragt es empört: „Was machst du denn da?" Schubst das kleine Mädchen Opas Hand entschieden von ihrem Oberschenkel oder bleibt es wie erstarrt sitzen? Wie das Kind sich verhält, ob es sich vielleicht schon durch ein augenzwinkerndes „Bleibt aber unter uns, Kumpel" in ungute Nähe verstricken und zum Mitwisser eines Geheimnisses machen lässt, gibt dem Mißbraucher Aufschluss darüber, wie weit er gehen kann.
Wie Fachleute betonen, kann eine erste entschiedene Reaktion des Kindes schon dazu führen, dass der Erwachsene von seinem Vorhaben abläßt.
Dass dazu aber eine ganze Menge Selbstbewußtsein und Mut gehören, weiß jeder, der eine ähnliche Situation schon einmal erlebt hat.
Es gibt kein Kind, das seine Abwehr nicht auf die eine oder andere Weise zeigt: durch Abwenden des Kopfes, Zusammenbeißen der Zähne, Versteifen des ganzen Körpers. Dass ein Kind sich nicht „gewehrt" habe, ist nicht wahr und nur ein billiger Rechtfertigungsversuch des Täters. Verantwortlich ist immer der Erwachsene.
Warum sagen die Kinder nichts?
Um das Stillschweigen zu sichern, stürzt der Täter das Kind in heillose Verwirrung, indem er die Wahrheit ins Gegenteil verkehrt: „Dir gefällt das doch auch!" oder „Du bist schuld daran!" lässt das Kind an seiner Wahrnehmung zweifeln - es wird völlig durcheinandergebracht und weiß zuletzt nicht mehr, was es denken soll.
Oft droht der Täter dem Kind: „Wenn du unser Geheimnis verrätst, wird Mama aus Kummer über dich vielleicht sterben." Die meisten arbeiten mit einer Mischung aus Bestechungen und Zuwendungen, kleinen Geschenken und Drohungen oder sie appellieren an das Mitleid des Kindes: „Willst du, dass ich ins Gefängnis komme?"
Oft droht der Täter dem Kind: „Wenn du unser Geheimnis verrätst, wird Mama aus Kummer über dich vielleicht sterben." Die meisten arbeiten mit einer Mischung aus Bestechungen und Zuwendungen, kleinen Geschenken und Drohungen oder sie appellieren an das Mitleid des Kindes: „Willst du, dass ich ins Gefängnis komme?"
Besonders, wenn sie eine innere Bindung zum Täter haben, halten die Opfer oft jahrelang still, ertragen entwürdigende und schmerzhafte Handlungen. Das Kind liebt den Stiefvater, die Mutter, den Großvater. Es mag den Musiklehrer, den Betreuer im Freizeitclub, bewundert den Trainer im Sportverein. So lässt es sich einreden: „Niemand wird dir glauben, wenn du etwas sagst!"
Unter dem Druck, das schreckliche Geheimnis zu wahren, fühlt das Kind sich von allen verlassen. Weil niemand darüber redet, hält es sich für den einzigen Menschen, dem so etwas geschieht.
Es gibt keinen harmlosen Missbrauch!
Zweifellos gibt es sehr unterschiedliche Formen und Schweregrade sexuellen Missbrauchs.
Auch wenn nur selten brutale Gewalt angewendet wird und körperliche Verletzungen des Kindes die Ausnahme sind: die Seele nimmt fast immer Schaden.
Je enger die Beziehung zwischen dem Kind und seinem Peiniger ist und je länger der Missbrauch andauert, desto schlimmere Folgen können die Übergriffe für das Kind haben. Sein Vertrauen zu einem Menschen, den es liebt, wird zerstört. In seiner Not empfindet es tiefe Scham und Schuld: Es übernimmt innerlich die Verantwortung für das Verhalten des Erwachsenen, um sein gutes Bild von jemandem zu retten, der ihm so nahesteht. Es reimt sich zusammen, selbst schlecht und schmutzig zu sein, wenn so etwas mit ihm gemacht wird.
Auch wenn nur selten brutale Gewalt angewendet wird und körperliche Verletzungen des Kindes die Ausnahme sind: die Seele nimmt fast immer Schaden.
Je enger die Beziehung zwischen dem Kind und seinem Peiniger ist und je länger der Missbrauch andauert, desto schlimmere Folgen können die Übergriffe für das Kind haben. Sein Vertrauen zu einem Menschen, den es liebt, wird zerstört. In seiner Not empfindet es tiefe Scham und Schuld: Es übernimmt innerlich die Verantwortung für das Verhalten des Erwachsenen, um sein gutes Bild von jemandem zu retten, der ihm so nahesteht. Es reimt sich zusammen, selbst schlecht und schmutzig zu sein, wenn so etwas mit ihm gemacht wird.
Sexuell mißhandelte Kinder entwickeln oft einen Selbsthaßss, der hartnäckig bleibt. Sie gehen über ihren Körper, ihre Schmerzen und ihre Gefühle so hinweg, wie der Missbraucher es tat. Sie tun das alles, um nicht zu spüren, was ihnen angetan wurde.
Wer als Kind Opfer sexueller Übergriffe geworden ist, läuft Gefahr, sein Schicksal als Erwachsener später zu wiederholen: Jungen, die missbraucht wurden, können selbst zu Tätern werden. Misshandelte Mädchen konnten nicht lernen, sich selbst zu schützen und können als Mütter oft die Not ihrer Kinder nicht wahrnehmen, geschweige denn sie ihrerseits vor Missbrauch schützen. Fast jede Missbrauchserfahrung verletzt die im Wachsen begriffene Persönlichkeit und hinterlässt Wunden, die oft nur mühsam heilen. Die Erfahrung, benutzt worden zu sein, wirkt auf die Seele wie schleichendes Gift.
Wer als Kind Opfer sexueller Übergriffe geworden ist, läuft Gefahr, sein Schicksal als Erwachsener später zu wiederholen: Jungen, die missbraucht wurden, können selbst zu Tätern werden. Misshandelte Mädchen konnten nicht lernen, sich selbst zu schützen und können als Mütter oft die Not ihrer Kinder nicht wahrnehmen, geschweige denn sie ihrerseits vor Missbrauch schützen. Fast jede Missbrauchserfahrung verletzt die im Wachsen begriffene Persönlichkeit und hinterlässt Wunden, die oft nur mühsam heilen. Die Erfahrung, benutzt worden zu sein, wirkt auf die Seele wie schleichendes Gift.
Wie können Kinder vor sexuellem Missbrauch geschützt werden?
Eines Tages ist es soweit: Ihr Kind will alleine gehen - zum Zeitungholen, zur Schule, auf den Spielplatz. Je nachdem, in welcher Gegend Sie wohnen oder wie ängstlich Sie sind, werden Sie dem Selbständigkeitsdrang Ihres Kindes mit gemischten Gefühlen begegnen. Es wäre schön, wenn Sie Ihr Kind bestärken könnten.
Kinder wollen wachsen, selbstständig werden und ihre eigenen Erfahrungen machen. Eltern können ihr Kind nicht rund um die Uhr beaufsichtigen - und sollten das auch nicht tun! Jedes Kind muss lernen, auf sich selbst aufzupassen und heikle Situationen zu meistern. Mit ein paar klaren Regeln und Übereinkünften können Sie die Selbstständigkeit Ihres Kindes unterstützen und Sicherheit gewinnen.
Regeln für selbstständige Kinder und ihre Eltern:
· Eltern sollten immer wissen, wo ihr Kind ist.
· Ein Kind muss wissen, wo es seine Eltern erreichen kann und an wen es sich wenden
kann, wenn die Eltern nicht da sind.
kann, wenn die Eltern nicht da sind.
· Sprechen Sie eine Zeit ab, zu der das Kind wieder nach Haus kommt oder anruft.
· Pünktlichkeit gilt für Kinder und Eltern!
· Lernen Sie die Freunde Ihres Kindes und deren Eltern kennen.
· Ein Tipp: Bringen Sie das Namensschild Ihres Kindes lieber im Inneren der Schultasche an,
dann kann kein Fremder es mit Namen ansprechen und so sein Vertrauen gewinnen.
dann kann kein Fremder es mit Namen ansprechen und so sein Vertrauen gewinnen.
Natürlich sollte ein Kind wissen, dass es mit niemandem, den es nicht kennt, mitgehen, zu niemandem ins Auto steigen und keinen Fremden in die Wohnung lassen darf. Ermahnungen aber wie „Sprich nie mit einem Fremden" oder „Lauf weg, wenn dich jemand anspricht" können ein Kind unnötig ängstigen und verunsichern. Schließlich hat nicht jeder, der mit einem Kind ein paar Worte spricht, böse Absichten.
Besser ist es, wenn Ihr Kind genau weiß, wie es sich in bestimmten Situationen verhalten soll und welche Rechte es Erwachsenen gegenüber hat.
„Nein! Das möchte ich nicht!" ist nicht unhöflich, sondern die richtige Antwort auf die Bitte eines Fremden, ihm den Weg zu zeigen, die Tasche zu tragen oder bei einer Reparatur behilflich zu sein.
Der beste Schutz ist Selbstsicherheit
Wie sicher ist Ihr Kind schon im Umgang mit Erwachsenen? Kann es im Restaurant schon selbst bestellen? Oder dem Friseur klarmachen, wie seine Haare geschnitten werden sollen? Übung macht den Meister!
Ein Kind, das selbstbewusst auftritt, das sagt, was es will und was nicht, ist für den Umgang mit fremden und bekannten Menschen gut gerüstet. Es weiß, was Erwachsene von ihm fordern dürfen und traut seinen Empfindungen.
Selbstsichere Kinder können sich eher ihrer Haut wehren. Alles, was die Selbstsicherheit eines Kindes stärkt, vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Opfer wird.
Selbstsichere Kinder können sich eher ihrer Haut wehren. Alles, was die Selbstsicherheit eines Kindes stärkt, vermindert die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Opfer wird.
Schutz vor sexuellem Missbrauch ist kein Vierpunkteprogramm. Es geht um eine Erziehungshaltung, die Kinder fürs Leben stark macht.
Sich selbst behaupten - das kann man nicht von heute auf morgen. Wie man miteinander umgeht, wie man einander zu verstehen gibt, was man will und was nicht, das lernt ein Kind in seiner Familie. Mama möchte jetzt lesen, Papa die Sportschau sehen. Da muss besprochen werden, wer was und wann machen kann. Wenn Jonas mit seiner Mutter Mensch-ärgere-dich-nicht spielt, soll sie nicht so lange mit Oma telefonieren. Lena hat sich so auf den Tierfilm gefreut, ob sie da heute mal etwas länger aufbleiben darf?
Die Erfahrung, dass man Bedürfnisse anmelden und aushandeln kann, ist eine wichtige Lektion in Sachen Selbstbewußtsein.
Ein Kind, das von seinen Eltern die Zuwendung und Aufmerksamkeit bekommt, die es braucht, kann Verlockungen und zweifelhaften Angeboten von anderen - ob von Fremden oder Bekannten - besser widerstehen. Auch wenn es tagsüber gut im Kindergarten oder Hort betreut wird, braucht es am Abend einen Papa, der ihm was vorliest, oder eine Mama, der es was erzählen kann.
Die Erfahrung, dass man Bedürfnisse anmelden und aushandeln kann, ist eine wichtige Lektion in Sachen Selbstbewußtsein.
Ein Kind, das von seinen Eltern die Zuwendung und Aufmerksamkeit bekommt, die es braucht, kann Verlockungen und zweifelhaften Angeboten von anderen - ob von Fremden oder Bekannten - besser widerstehen. Auch wenn es tagsüber gut im Kindergarten oder Hort betreut wird, braucht es am Abend einen Papa, der ihm was vorliest, oder eine Mama, der es was erzählen kann.
Selbstbewusste Kinder sind für ihre Eltern manchmal ganz schön anstrengend - besonders wenn man mit eigenen Sorgen belastet ist oder einen anstrengenden Beruf hat und abends am liebsten nur noch einen Wonneproppen knuddeln möchte.
Stattdessen gibt das Kind vielleicht Widerworte, verlangt Erklärungen und verwickelt einen in heiße Diskussionen über Sinn und Unsinn von Hausaufgaben oder Schlafenszeiten. Welche Mutter, welcher Vater wünscht sich nicht manchmal ein folgsames Kind! Wer aber in der Familie immer nur artig sein muss, lernt nicht, draußen für sich einzustehen! Wie Lena zum Beispiel: „Ich war aber vor Ihnen dran!" Der hohen Stimme in Bauchhöhe ist es unmissverständlich ernst - und genauso muss man das nehmen. Oder wäre es Ihnen peinlich, wenn Ihr Kind in der Schlange beim Bäcker so laut und deutlich sein Recht fordert? Freuen Sie sich lieber, wenn es sich so etwas traut. Selbstbewusste Kinder ecken schon mal an. Sie sind eigenwillig und können manchmal eigensinnig sein. Und darauf kommt es an. Bequeme Kinder sind allzu oft auch bequeme Opfer.
Mein Körper gehört mir!
„Das Opfer hatte die Zudringlichkeit zunächst als Ausdruck normaler väterlicher Liebe geduldet", heißt es in einer Zeitungsmeldung über den sexuellen Mißbrauch eines neunjährigen Mädchens durch seinen Stiefvater.
Kinder brauchen Zärtlichkeit. Das Gefühl, geliebt, in den Arm genommen und gestreichelt zu werden, ist lebenswichtig für ein Kind. Aber zum Schmusen gehören zwei, die sich einig sind. Kinder brauchen die Erfahrung, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen und entscheiden, wann ihnen nach Kuscheln und Küßchen zumute ist. Schon Babys wenden den Kopf ab und biegen den Rücken durch, wenn ihnen das Geknuddel zuviel wird. Dreijährige zeigen deutlich, ob ihnen eine Umarmung angenehm ist oder nicht. Den stocksteifen Rücken der Tochter, die er zu sich heranzieht, kann ein aufmerksamer und rücksichtsvoller Vater gar nicht übersehen.
Zärtlichkeiten muss man nicht erdulden - von niemandem.
Kein Kind ist verpflichtet, sich von irgend jemandem küssen oder streicheln zu lassen. Nicht nur Fremde, sondern auch Oma und Opa, Onkel und selbst Mama und Papa müssen sich ein „Nein" gefallen lassen. Für einen Kuss gibt es kein Muß! Übersetzen Sie notfalls die unwillige Miene Ihres Kindes in klare Worte: „Ich glaube, Lena mag das nicht so gern" - so können Sie Ihrem Kind den Rücken stärken.
Nicht nur beim Schmusen tun Erwachsene einem Kind manchmal mehr Gutes als ihm guttut. Ob Naseputzen oder Poabwischen - mit vier braucht ein Kind seinen Papa oder seine Mama nicht mehr dazu. Wenn Ihr Fünfjähriger Ihnen klarmacht: „Hör mal Mama, ich kann meine Ohren schon selber sauber halten", dann können Sie das ernst nehmen. Respektieren Sie die Grenzen, die Ihr Kind Ihnen setzt. Wenn man allzu oft dazwischenfunkt, stumpfen Kinder leicht ab und werden gegen Übergriffe unempfindlich. Geben Sie Ihrem Kind lieber „Hilfe zur Selbsthilfe". So kann es ein gutes Gefühl für sich selbst entwickeln und merken, wann ihm jemand zu nahe kommt. Selbstständigkeit macht selbstbewusst.
Den eigenen Gefühlen trauen
Meistens wissen Kinder ganz genau, wie sie etwas finden. Ob der Pullover kratzt, der Käse stinkt oder Onkel Theo blöd ist, sie machen keinen Hehl daraus. Eltern gefällt das manchmal gar nicht. Mit einem „Komm schon, du brauchst dich doch nicht hinter mir zu verstecken, wenn Herr Müller dich etwas fragt!" setzt man sich vielleicht darüber hinweg, daß das Kind lieber erst einmal Abstand halten möchte. „Das tut doch gar nicht weh", meint man, es über einen Schmerz hinwegzutrösten. „Aber das ist doch so lecker", versucht man, ihm das verhasste Sauerkraut schmackhaft zu machen. So etwas kann schon einmal vorkommen.
Wenn einem Kind aber seine Gefühle dauernd ausgeredet oder umgedeutet werden, verliert es einen wichtigen Selbstschutz - seine innere Stimme, die ihm sagt, wann ihm etwas komisch vorkommt.
Wenn Jungen und Mädchen ihren Gefühlen trauen, lassen sie sich nicht so leicht in Situationen verstricken, die ihnen unangenehm und eklig sind. Und schon gar nicht einreden, sie hätten das doch auch schön gefunden.
Manchmal ist es aber gar nicht so einfach, sich seiner Gefühle sicher zu sein: Ist es lustig, in der Geisterbahn zu fahren oder doch eher gruselig? Sicher freut sich Philipp auf die Klassenfahrt - und fürchtet sich gleichzeitig davor, so lange und so weit weg von zu Hause zu sein. Es gibt auch gemischte Gefühle. Sprechen Sie mit Ihrem Kind ab und zu einmal darüber, wie es sich in einer bestimmten Situation gefühlt hat oder was es empfindet. Das hilft ihm, sich mit seinen Gefühlen besser auszukennen.
Grenzen geben Sicherheit
In vielen Familien geht man heute offener miteinander um als früher. Da wird die Klotür vielleicht nicht mehr abgeschlossen, Eltern und Kinder laufen auch schon mal nackt in der Wohnung herum. Viele Eltern nehmen es mit Humor, wenn sie bei der Liebe von ihren Kindern überrascht werden. Die größere Freizügigkeit kann Eltern und Kinder einander näherbringen und die Atmosphäre entspannen.
Voraussetzung aber ist, dass in der Familie Grenzen respektiert werden - das gilt vor allem auch für die Intimsphäre jedes einzelnen.
Kinder brauchen in der Zeit ihres Aufwachsens einen geschützten „Raum", um zu reifen und sich selbst zu finden. Dafür sind die Erwachsenen verantwortlich.
Nichts schützt die Würde eines Kindes besser als der Respekt vor seiner Privatsphäre. Das gilt für ungefragtes Hineinplatzen ins Badezimmer wie für unbefugte Blicke in den Schulranzen. Wundern Sie sich nicht, wenn an der Kinderzimmertür eines Tages ein Zettel hängt: „Bitte anklopfen!" Kluge Eltern respektieren das und halten Distanz.
Sexualität - darüber muss gesprochen werden
Bei aller Offenheit im Umgang miteinander fällt es vielen Eltern doch schwer, mit ihrem Kind über Sexualität zu sprechen. Aber es ist wichtig. Wenn Sex das große Geheimnis ist, über das man nicht spricht, riskiert man, daß ein „wohlmeinender" Onkel das Kind unter dem Siegel der Verschwiegenheit einweihen kann - und daß es sich hinterher schämt, darüber zu reden, oder ihm die Worte fehlen.
Kinder haben ein natürliches Interesse an ihrem Körper. Sie wollen wissen, woher sie kommen und wie sie entstanden sind. Sie erwarten keine feierlichen Vorträge, sondern einfache, sachliche Auskünfte. Sie brauchen sich nur von den Fragen Ihres Kindes leiten zu lassen. Erkundigen Sie sich ruhig erst mal nach seinen Vorstellungen, bevor Sie anfangen, ihm etwas zu erklären. Kleine Kinder haben da so ihre eigenen „Theorien", an die Sie behutsam anknüpfen können. „Aufklärung" wächst mit Ihrem Kind mit - in vielen Gesprächen. Wichtig ist erst einmal nur, dass es die Begriffe für die Geschlechtsteile kennt und sexuelle Handlungen in Worte fassen kann.
Und dass es das sichere Gefühl hat, über solche Dinge mit seinen Eltern sprechen zu können.
Mit vier oder fünf sind Kinder vor allem damit beschäftigt, ihren Körper zu erforschen. Sie vergleichen sich mit Gleichaltrigen und finden die Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen heraus. Solche „Doktorspiele" sind ganz normal und kein Grund zur Beunruhigung. Eltern sollten sich da nicht einmischen. Wenn Ihr Kind weiß, dass sein Po Privatsache ist und kein anderes Kind das Recht hat, ihm gegen seinen Willen den Rock hochzuheben oder die Hose runterzuziehen, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.
Mit dem Kind über Missbrauch reden?
Viele Eltern sind unsicher. Sie wollen dem Kind nicht seine Unbefangenheit nehmen, wollen nicht, dass seine Vorstellungen von Sexualität mit Brutalität und Gewalt verknüpft werden. Das ist verständlich und richtig. Ein Kind sollte Sexualität als etwas Schönes und Erfreuliches kennenlernen. Sprechen Sie deshalb mit Ihrem Kind nicht über sexuellen Mißbrauch, wenn Lust und Liebe das Thema sind. Trotzdem sollte es - mit etwa sechs oder sieben Jahren - über sexuellen Mißbrauch Bescheid wissen. Das macht es ihm leichter, fragwürdige und zweideutige Situationen zu erkennen.
Je sachlicher und undramatischer Sie das Thema ansprechen, desto weniger werden Sie Ihr Kind damit ängstigen.
So könnten Sie einen Anfang machen: „Ich bin froh, dass du schon so selbstständig bist und ich mich auf dich verlassen kann. Aber es gibt noch ein paar Dinge, die du vielleicht noch nicht weißt und über die ich jetzt mit dir sprechen möchte." Und so könnte es weitergehen: „Es gibt Erwachsene, die sind erst mal ganz nett zu einem Kind, und dann auf einmal wollen sie es streicheln und an Körperteilen anfassen, an denen kein anderer etwas zu suchen hat, zum Beispiel zwischen den Beinen, am Glied, an der Scheide oder am Po." Oder: „Manchmal wollen Erwachsene oder Jugendliche von einem Kind überallhin geküßt werden, auch zwischen den Beinen." Betonen Sie: „Niemand darf so etwas mit dir machen, ob du denjenigen kennst oder nicht."
In so einer Situation mit fester Stimme „Nein" zu sagen, entschieden wegzugehen oder sich Hilfe zu holen, ist nicht leicht für ein Kind. Besonders dann nicht, wenn es die Person vielleicht sogar kennt. Besser geht es, wenn man das übt.
„Was kannst du tun, wenn jemand im Kino seine Hand auf dein Knie legt?"
„Was kannst du sagen, wenn jemand dir zeigen will, was du angeblich über Sex wissen mußt?"
„Was kannst du tun, wenn dich jemand so anfaßt, wie du es nicht leiden kannst?"
Selbstbehauptungskurse, die manchmal auch in Schulen angeboten werden, können das Selbstvertrauen (nicht nur) schüchterner kleiner Jungen und Mädchen stärken.
Wie Sie mit Ihrem Kind über sexuellen Mißbrauch reden, hängt von seinem Alter ab, vom Anlass des Gesprächs und davon, was es darüber vielleicht schon gehört hat.
Wichtig ist, dass Sie ihm vermitteln, daß so etwas nur sehr, sehr selten vorkommt.
Weil es aber trotzdem passieren kann, sollte Ihr Kind wissen: „Wenn einem Kind so etwas angetan wurde, ist niemals das Kind schuld, sondern immer der Erwachsene."
Sprechen Sie mit Ihrem Kind auch einmal darüber, wie schwer es ist, von einem sexuellen Mißbrauch zu erzählen. „Vielleicht hat der Erwachsene dem Kind eingeredet, es hätte selbst schuld.
Wahrscheinlich musste es ihm versprechen, nichts zu sagen. Aber nur, wenn man jemandem erzählt, was passiert ist, kann derjenige einem auch helfen." Denken Sie auch selbst daran: Ob ein Kind sich überwindet, ein Geheimnis, das es bedrückt und ihm Bauchschmerzen macht, zu offenbaren, hängt davon ab, welche Erfahrungen es sonst macht, wenn ihm mal ein Fehler unterlaufen oder ein Missgeschick passiert ist. Wer auf Verständnis stößt und nicht gleich ausgeschimpft wird, hat es leichter, sich jemandem anzuvertrauen.
Was tun, wenn ein Kind sich anders verhält?
Julias Mutter fällt seit einiger Zeit auf, dass ihre sonst so aufgeweckte Vierjährige jetzt oft müde, blass und bedrückt wirkt. Sie klagt oft über Kopfschmerzen und fährt nachts immer wieder weinend aus dem Schlaf hoch. Morgens im Kindergarten will sie ihre Mutter nicht gehen lassen und klammert sich weinend an ihr fest.
Stefan ist eigentlich ein ruhiger, ausgeglichener Schüler. Seit ein paar Wochen reagiert er patzig und aggressiv, ist aber auf der anderen Seite oft weinerlich und überempfindlich. Nachts näßt er plötzlich wieder ein.
Ein Kind, das sich plötzlich „anders" verhält, teilt einen Kummer mit - jedes einzelne dieser Anzeichen verlangt unsere Aufmerksamkeit. Mit Schlafstörungen, Angstzuständen, depressivem oder aggressivem Verhalten zeigt es, daß es in einer Notlage steckt und Hilfe braucht - was immer der Grund für seine Not sein mag. Eindeutige Symptome, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, daß ein Kind missbraucht wurde, gibt es nicht.
Ein Kind, das missbraucht wird, zieht sich vielleicht aus seinen Freundschaften zurück; ein anderes zieht die Aufmerksamkeit auf sich, indem es unterschiedslos körperliche Nähe zu jedem Erwachsenen sucht. Verhaltensauffälligkeiten können auf einen sexuellen Mißbrauch hindeuten, müssen es aber nicht. Wichtig ist vor allem, daß das Kind in jedem Fall in seinem Kummer ernst genommen wird.
Wenn Sie mit Ihrem Kind sprechen, ihm gut zuhören und behutsam nachfragen, können Sie vielleicht herausfinden, was es bedrückt und ihm helfen. Suchen Sie in jedem Fall fachkundige Hilfe, wenn Sie keine Erklärung für sein Verhalten finden oder Verdacht auf sexuellen Missbrauch besteht: bei der Erziehungsberatungsstelle Ihres Jugendamtes, der Kirche oder eines freien Trägers, bei Ihrem Kinderarzt oder einer speziellen Beratungsstelle zum sexuellen Missbrauch.
Was tun, wenn Ihr Kind sich Ihnen anvertraut?
Auch wenn Ihnen das Herz bis zum Halse schlägt bei dem Gedanken, der ungeheuerliche Verdacht könnte sich als wahr erweisen:
Versuchen Sie, ruhig zu bleiben, so schwer es Ihnen auch fallen mag! Ihre Bestürzung ist verständlich. Sie helfen Ihrem Kind aber mehr, wenn Sie Ihre Gefühle möglichst zurückhalten und zunächst Rat und Hilfe für sich selbst suchen. Ihr Kind braucht jetzt jemanden, der ihm Sicherheit vermittelt: „Ich verstehe dich. Ich weiß, was jetzt zu tun ist."
Nehmen Sie ernst, was Ihr Kind Ihnen sagt. Das ist die wichtigste Unterstützung. Kinder haben eine rege Phantasie, sie erfinden Drachen, Gespenster und sprechende Tiere. Aber die Erfahrung zeigt, dass ein Kind sich einen Missbrauch in der Regel nicht einfach ausdenkt. Eher leugnet es das Erlebte - aus Angst, bestraft zu werden, oder weil es eine geliebte Person schützen will.
Hören Sie aufmerksam zu, aber bohren Sie nicht nach. Wenn Sie das Kind jetzt mit Fragen oder eigenen Deutungen bombardieren, riskieren Sie, dass es gar nichts mehr sagt oder vielleicht mehr, als es im Augenblick verkraften kann. Sie brauchen in Ihrem Schreck nicht viel zu sagen. Wiederholen Sie einfach die Gefühle, die Ihr Kind äußert. Dann wird es sich verstanden fühlen und weitererzählen können.
Meiden Sie Warum-Fragen. „Warum sagst du mir das erst jetzt?" oder „Warum hast du dich denn nicht gewehrt?" wirken wie Vorwürfe. Versichern Sie Ihrem Kind, dass es richtig war, darüber zu reden! Sagen Sie ihm, daß es keine Schuld hat und dass Sie es genauso liebhaben wie vorher.
Überstürzen Sie nichts. Auch wenn Sie von dem Wunsch erfüllt sind, den mutmaßlichen Täter zur Verantwortung zu ziehen - handeln Sie nicht übereilt. Lassen Sie sich nicht von Rachegefühlen hinreißen, denn Ihr Kind braucht Sie und Ihre Aufmerksamkeit. Alle Erfahrungen zeigen, dass eine unüberlegte Reaktion dem Kind mehr schaden als nützen kann. Besonders, wenn sich der Verdacht gegen einen nahen Verwandten richtet. Wird er vorschnell mit dem Verdacht konfrontiert, kann es passieren, dass er den Druck auf das Kind verschärft und es noch mehr isoliert. Wenn das Kind sich schließlich schuldig fühlt, den Familienfrieden zerstört zu haben, kann es sein, dass es in seiner Not alles wieder zurücknimmt. Vielleicht können Sie herausfinden, womit der Täter dem Kind gedroht hat, und versuchen, diese Drohungen zu entkräften. Vielfach kann der Kontakt zum Täter unterbunden werden, ohne ihn vor der Zeit zu entlarven.
Suchen Sie in jedem Fall Unterstützung! Wenden Sie sich an Ihr Jugendamt oder eine spezielle Beratungsstelle. Erkundigen Sie sich, welche Schritte Sie zum Schutz Ihres Kindes unternehmen können. Lassen Sie sich beraten, ob Ihr Kind therapeutische Hilfe braucht und welche Möglichkeiten es gibt. Mißbrauchte Kinder benötigen Hilfe. Aber die ist nicht im Handumdrehen zu haben. Gute Lösungen brauchen Zeit, Augenmaß, Geduld und Fingerspitzengefühl. Man kann nicht immer sofort etwas gegen den Mißbraucher unternehmen, aber man kann immer sofort etwas für das Kind tun.
Informieren Sie sich, ob eine Strafanzeige bei der Polizei sinnvoll ist, und welche Konsequenzen sich daraus für Ihr Kind ergeben. Wie der Täter in geeigneter Weise zur Verantwortung gezogen werden kann, sollten Sie in Ruhe mit Fachleuten klären, die dabei vor allem auch an die Befindlichkeit Ihres Kindes denken sollten.
Wenn man es nicht wahrhaben möchte...
„Aber die Mutter muss doch etwas gemerkt haben!" Besonders wenn herauskommt, dass ein Kind über lange Zeit hinweg in der eigenen Familie missbraucht wurde, wird Müttern schnell unterstellt, Bescheid gewußt, den Missbrauch stillschweigend gebilligt oder vielleicht sogar gefördert zu haben. Das mag in seltenen Fällen zutreffen. Oft ist die Mutter die letzte, die vom Missbrauch ihres Kindes erfährt - häufig erst durch Dritte. Der Täter hat das Kind ja gerade ihr gegenüber zum Schweigen gezwungen nicht selten einen Keil zwischen Mutter und Kind getrieben. Das Kind gibt sich große Mühe, das Geheimnis vor der Mutter zu verbergen: Es will ihr keinen Kummer machen, es will nicht, daß die Familie zerbricht.
„Das kann doch nicht wahr sein!" wehrt sich die Mutter gegen die aufkeimende Erkenntnis, daß der Babysitter, der Freund der Familie, im schlimmsten Fall der eigene Partner sich an ihrem Kind vergriffen hat. Vielleicht war ihr aufgefallen, daß ihr Sohn oder ihre Tochter sich plötzlich so merkwürdig benimmt - aber sie hat die Gründe dafür ganz woanders gesucht: der Wohnungswechsel, die neue Lehrerin, die beginnende Pubertät. Der Wunsch, in einer „heilen" Familie zu leben, in der „alles in Ordnung" ist, macht oft blind für das stumme Drama, das sich womöglich in den eigenen vier Wänden abspielt.
Viele Mütter quälen sich mit Selbstvorwürfen: „Warum habe ich mein Kind nicht beschützt?", „Warum habe ich nicht gemerkt, was hier vorgeht?" Wenn Sie jetzt handeln und etwas zum Schutz Ihres Kindes tun, ist es noch nicht zu spät. Es ist kein leichter Weg, den Sie vor sich haben. Aber Sie und Ihr Kind können dabei nur gewinnen.
Genauso wie Ihr Kind jetzt Hilfe braucht, um mit seinen Erlebnissen fertig zu werden, brauchen auch Sie Unterstützung und Trost. Sie brauchen jetzt Rückenstärkung, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Nicht mehr weiterzuwissen, ist nichts, dessen man sich schämen muß. Rat und Hilfe zu suchen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Schritt, sein Leben zu verändern. Ihr Jugendamt oder eine spezielle Beratungsstelle kann Sie dabei unterstützen.
Wichtig zu wissen:
Die Beratung unterliegt der Schweigepflicht und kann anonym wahrgenommen werden.
Kein Kind wird automatisch aus der Familie genommen.
Nichts wird hinter dem Rücken der Mutter unternommen.
Es besteht keine Pflicht, Strafanzeige zu erstatten. Eine Strafanzeige kann aber nicht wieder zurückgenommen werden.
Zur Vorbeugung gehört noch mehr!
Durch Erziehung können Eltern zum Schutz ihres Kindes beitragen. Zur Vorbeugung gehört aber noch mehr! In Prozessen über sexuellen Missbrauch gibt es immer wieder Zeugen, die aussagen, sie hätten etwas geahnt oder es sei ihnen schon lange etwas komisch vorgekommen. Nur selten hat jemand den Mut, sich einzumischen. Solange Nachbarn, Lehrer, Verwandte und andere Erwachsene es nicht wahrhaben wollen, wegsehen und weghören, solange werden Täter sich sicher fühlen und Kinder gefährdet sein. Eine informierte, sachliche und verantwortungsbereite Öffentlichkeit ist auch ein Schutz für die Kinder.
Zum Schutz der Opfer gehört auch Vorbeugungsarbeit mit den Tätern. Viele Beratungsstellen befürworten Konzepte, in denen durch eine Kombination von Hilfe und Strafe weitere Taten verhindert werden sollen. Sexualstraftaten haben eine Vorgeschichte, die häufig ein gemeinsames Muster aufweist: Einige Täter sind schon als Kinder bzw. Jugendliche durch besonders gehemmtes Verhalten aufgefallen oder haben sexuell aggressives Verhalten gezeigt. Sexuelle Aggressivität sollte nicht als Kavaliersdelikt entschuldigt oder als Zeichen von Männlichkeit verharmlost werden. Kindern, die andere quälen und demütigen, ist nicht durch Wegsehen geholfen. Sie brauchen Hilfe. Genauso wie diejenigen, die besonders gehemmt sind, sich demütigen lassen oder besonders unterwürfig verhalten. Sie brauchen Erwachsene, die ihnen Beachtung schenken, ihr Selbstbewusstsein stärken und Wege zu einem respektvollen Miteinander aufzeigen. Letztlich geht es um die gleiche Erziehung, die auch erreichen kann, dass Kinder weniger leicht zu Opfern werden: die Erziehung zu Selbstbewußtsein und gegenseitiger Achtung.
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| Dieses Foto von mir ist übrigens das Hintergrundfoto von dem ESELSKIND-Zeichen |

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